Atommeiler werden zum Risiko
Eine Explosion im französischen Akw Flamanville hat Sicherheitsmängel in den Atomkraftwerken des Landes offengelegt. Nach der Explosion außerhalb des atomaren Bereichs wurde am Donnerstag ein Reaktor heruntergefahren. Ein Strahlungsrisiko bestand nicht. Umweltschützer und Politiker warnen nach dem Unfall dennoch vor den Gefahren der Atomkraft.
So weist die Umweltschutzorganisation Greenpeace darauf hin, dass es sich bereits um den dritten Brand innerhalb von zehn Tagen in einer französischen Atomanlage handelte. In Cattenom an der Mosel war ebenfalls zweimal ein Feuer ausgebrochen, zuletzt am Sonntag im Maschinenraum. Ende Januar hatte es im Verwaltungsgebäude von Cattenom gebrannt. Eine dicke Rauchwolke hing über der Anlage, die nur 70 Kilometer von Saarbrücken entfernt ist.
Saarland, Rheinland-Pfalz und Luxemburg fordern die Abschaltung des Meilers. „Das alles hängt mit der schweren Verschlechterung des Zustands der französischen Reaktoren zusammen“, erklärt Greenpeace Frankreich. Auch die Atomsicherheitsbehörde ASN habe die Probleme angesprochen. ASN-Chef PierreFranck Chevet hatte im Januar gesagt: „Was die Atomanlagen angeht, ist der Kontext besorgniserregend.“
Die Reaktoren des Akw Flamanville sind mehr als 30 Jahre alt und haben eine Leistung von 1300 Megawatt. 2015 hatte die Rauchentwicklung in Reaktor zwei den Notfallplan in Gang gesetzt, ohne dass ein Feuer ausgebrochen war. Wenig später legte eine Transformatorenpanne Reaktor zwei lahm. Reaktor eins hat dagegen problemlos funktioniert.
Hollandes Versprechen
Als dritter Reaktor soll 2018 der moderne Druckwasserreaktor EPR dazukommen, an dem seit 2007 gebaut wird. Allerdings ist der EPR schon jetzt pannenanfällig, so dass sich die Inbetriebnahme verzögert. Zuletzt waren Mängel am Stahl festgestellt worden, aus dem Teile des Druckbehälters bestehen. Vom Start von Flamanville drei hängt die Abschaltung des Atomkraftwerks Fessenheim am Oberrhein ab. Präsident François Hollande hatte versprochen, den ältesten Meiler Frankreichs vom Netz zu nehmen. Mit einem Beschluss des Betreibers EDF wurde das Aus im Januar in die Wege geleitet.
Auch in Belgien sorgen die Mängel an den Atommeilern oft für Schlagzeilen. Die Akw verzeichnen häufiger Pannen als deutsche Meiler. Laut belgischer Aufsichtsbehörde FANC gab es an den beiden Standorten Doel und Tihange in den vergangenen zehn Jahren 94 Zwischenfälle der Ines-Stufe 1. Hinzu kommt ein Ereignis der Stufe 2 im Kraftwerk Doel.
Von „belgischen Bröckel-Reaktoren“spricht Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel, die Grünen-Umweltexpertin Sylvia Kotting-Uhl gar von einer „Zeitbombe an unserer Grenze“. Da seit 2012 viele feine Risse in Reaktorbehältern gefunden wurden, fühlen sich die deutschen Mahner bei jedem Vorfall bestätigt und fordern: Die Meiler Doel 3 und Tihange 2 müssen vom Netz. Eine Gefahr, dass sie bald in die Luft fliegen, sehen Experten jedoch nicht.