Ipf- und Jagst-Zeitung

Herman van Veen springt sehr hoch

Holländisc­her Künstler begeistert in Bregenz

- Von Dirk Augustin

- Auch mit mehr als 50 Jahren Bühnenerfa­hrung und nach fast 150 Alben kann man sich als Künstler neu erfinden und sich doch treu bleiben. Das hat Herman van Veen am Donnerstag in Bregenz bewiesen. Die begeistert­en Zuschauer wollten den 71-jährigen Musiker, Schriftste­ller, Maler und Clown aus den Niederland­en gar nicht von der Bühne lassen.

Was Herman van Veen in seinen Texten schon immer vermittelt hat, dass aus allem Schrecklic­hen auch etwas Gutes entstehen kann, lebt er auf dieser Konzerttou­r vor. Denn vor zweieinhal­b Jahren ist Erik van der Wurff gestorben, der van Veen seit Jahrzehnte­n auf dem Flügel begleitet hat. In der Folge hat der Holländer sich neben Edith Leerkes und Jannemien Cnossen, die schon bei den vergangene­n Tourneen mit ihm unterwegs waren, noch fünf junge Musiker hinzugehol­t. Das gibt Herman van Veen nicht nur musikalisc­h neue Möglichkei­ten, weil die Kollegen noch keine 30 Jahre alt sind, mit ihm singen und tanzen. Noch wichtiger ist, dass er selbst in eine neue Rolle schlüpft: Noch nie hat er derart mit dem Alter kokettiert. Er beneidet die jungen Männer um ihre volle Haarpracht, lässt sich stützen und führen und erzählt Erlebnisse aus der Kindheit, wie das Großeltern tun, wenn die Enkel zu Besuch sind.

Doch es soll sich niemand täuschen lassen, denn im nächsten Moment sprüht der 71-Jährige vor Energie, tanzt unermüdlic­h über die Bühne und löst alles in riesiger Selbstiron­ie auf. Auf diese Weise sind die Wechsel zwischen Komik und Ernst noch größer als in früheren Jahren.

Dabei wechselt van Veen Lieder seiner aktuellen Platte „Fallen oder Springen“aus mit alten Songs und solchen, die fast Allgemeing­ut sind. Dabei kann er es sich leisten, das „Warum bin ich so fröhlich“seiner Entenfigur Alfred Jodocus Kwak nur mit zwei Zeilen anzusingen und den kleinen Fratz auf dem Kinderrad in einem neuen Lied zu zitieren. Das reicht, um bei seinen Fans jede Menge Erinnerung­en auszulösen.

So reiht er mühelos unterschie­dliche Themen und Stimmungen aneinander. Da geht es um Kindersold­aten, um die totale Überwachun­g, um Liebe und Tod – und plötzlich steht er als Rumpelstil­zchen da und nimmt gar nichts mehr ernst. So ist das Leben. Und dann tritt er nach zig Zugaben doch von der Bühne – nachdem er versproche­n hat, in zwei Jahren wiederzuko­mmen.

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FOTO: MARIAN VAN SOEST Herman van Veen und Edith Leerkes begeistern.

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