Zwischen „Hin und Speck“und „Jeden Tag ein Kilo weg“
Bevor wir zur Sache kommen, ein kleiner Exkurs: Es hat mal eine Zeit gegeben, da war die Tageszeitung des Lesers täglich Brot zum Frühstück. Niemand kam ohne sie aus, weder der Kaffee noch das Marmeladenbrot schmeckten ohne das Rascheln von Papier – und Gott sei Dank ist das auch heute bei vielen Menschen noch so. Aber natürlich hat sich die Welt ein bisschen weitergedreht, und es gibt heute ungleich mehr Lesestoff als anno dunnemals, zum Beispiel eine Fülle sogenannter Special-Interest-Magazine.
Zeitschriften also, die sich gezielt an Leser richten, die zum Beispiel ein bestimmtes Hobby haben oder eine bestimmte Eigenschaft. Zum Beispiel Frau zu sein. Für solche Leute gibt es die gleichnamigen Frauenzeitschriften, die das Wort „Frau“schon im Titel tragen. Beispielsweise „Bild der Frau“oder „Frau im Spiegel“oder „Echo der Frau“. Und die Männer? Diesen versüßt die Branche monatlich den Alltag mit Grill-Magazinen wie „Beef!“und „Fire & Food“– das sind die neuen Männermagazine. Der „Playboy“ist längst out. Diese Hefte sprechen keine besondere Altersgruppe an, sondern richten sich an sämtliche Männer, die eine Grillzange gerade zu halten imstande sind. Und während Frauenmagazine ohne eine Blitzdiät auf der Titelseite kaum auskommen, ist es bei den Männern gerade umgekehrt. Die Januar-Ausgabe des Magazins „Beef!“titelte zum Beispiel mit der Botschaft: „Hin und Speck – Mit einer Extraportion Speck schmeckt alles besser. 8 Rezepte, die das eindrucksvoll beweisen.“Alternativ dazu die Schlagzeile der „Bild der Frau“: „Das Grapefruit-Wunder: Jeden Tag ein Kilo weg.“Kaum ein anderer Vergleich als diese beiden Titelseiten zeigt stärker, dass Frauen und Männer sich bei ihren Interessen doch um eine Winzigkeit unterscheiden.
Ein weiteres Thema der „Bild der Frau“auf der Titelseite weiter oben: „Sieben Happy-Techniken – So wird’s ein schöner Tag.“Dagegen kontert „Beef!“: „Fleischbällchen für Große – sechs Klopsrezepte, die Ihr Leben verändern.“Mahlzeit! Was Wissenschaftler der Geschlechterforschung in mehrjährigen Studiengängen nicht vermitteln können, bringt die Zeitschriftenbranche mit nur zwei Titelseiten auf den Punkt.
Warum der Mann einerseits so gerne grillt, sich andererseits in geschlossenen Räumen wie etwa Küchen meist konsequent von der Speisenzubereitung fernhält, ist Gegenstand aktueller Forschung – belastbare Ergebnisse liegen aber noch nicht vor.
Daher müssen wir uns leider mit Alltagsbeobachtungen zufriedengeben, etwa jenen, wie sie der bayerische Kabarettist und Musiker Georg Ringsgwandl in seinem Lied „Da grillt wer“verewigt hat: „Grillen das ist Männersache, kein Grillfest ohne Feuerwache. Es gibt viel, was du wissen musst, weil’s Dir sonst das G’sicht verrußt.“
Warum dieser Text ausgerechnet im Winter erscheint? Laut GrillFachpresse spielt die Jahreszeit keine Rolle mehr. Grillsaison ist ab sofort immer. Schließlich ist in „Bild der Frau“auch jede Woche Diät.