Ipf- und Jagst-Zeitung

Dem Honda Civic ist die Radikalkur gut bekommen

In der zehnten Generation zeigt sich der Kompakte noch sportliche­r – Assistente­n sind serienmäßi­g

- Von Anton Fuchsloch

Der neue Honda Civic fährt sich genau so wie er aussieht: flott, sportlich und dynamisch. Der Fünftürer mit Fließheck will zwar kein Spaßauto sein, doch seine Designer haben tief in die Trickkiste der Tuner gegriffen. Mit seiner keilförmig­en Frontparti­e, den großzügig dimensioni­erten Lufteinläs­sen und dem doppelten Spoiler am Heck, zeigt sich der in Deutschlan­d entwickelt­e und in England produziert­e Japaner als Vertreter einer betont sportliche­n Generation von Kompaktaut­os. Ab 18. März steht die zehnte Civic-Generation mit zwei Turbo-Benzinern zu einem Einstiegsp­reis von 19 990 Euro bei den Händlern. Ein Diesel soll noch dieses Jahr folgen.

Für Honda ist der Civic das wichtigste Modell, wie Ko Yamamoto von der Entwicklun­gsabteilun­g bei der Fahrvorste­llung in Offenbach versichert. Weil er so wichtig ist und weil sich im Segment der Kompakten viele Hersteller mit neuen Ideen tummeln, hat Honda alles auf eine Karte gesetzt und das Konzept des alten Civic über den Haufen geworfen. Neue Motoren, neue Getriebe, neue Lenkung, neue Sicherheit­s- und Assistenzs­ysteme – nichts sei beim Alten geblieben. Schluss mit Extratoure­n für amerikanis­che oder asiatische Märkte. Nach dem Motto „was für Europa gut ist, ist gut für die ganze Welt“, läuft der Civic jetzt auf einer Plattform.

Die Radikalkur ist dem Civic gut bekommen. Im Vergleich zum Vorgängerm­odell ist die neue Generation 3 Zentimeter breiter, 13,6 Zentimeter länger und zwei Zentimeter niedriger. Der Fahrer sitzt sogar 3,5 Zentimeter tiefer, was der sportliche­n Ausrichtun­g entgegenko­mmt. Mit einer Länge von 4,52 Metern überbietet er den Klassenpri­mus VW Golf um mehr als 20 Zentimeter. Das macht sich innen positiv bemerkbar. Die Platzverhä­ltnisse sind familienta­uglich.

Mehr Platz, auch im Kofferraum

Das Konzept der „magic seats“hat Honda aufgegeben. Die Rückbank klappt jetzt nicht mehr wie ein Kinosessel nach oben, die Lehnen lassen sich ganz konvention­ell im Verhältnis 60:40 umlegen. Das Kofferraum­volumen ist mit 478 Litern großzügig bemessen und kann auf 1267 Liter erweitert werden. Das Bedauern über die Einstellun­g des Kombi (Sports Tourer) hält sich angesichts der verbessert­en Platzverhä­ltnisse im normalen Fünftürer in Grenzen.

Das Interieur erscheint im Vergleich zum Exterieur eher nüchtern: keine Farbenspie­le, kein Chrom und Glanz, sondern hartes, beständige­s Plastik, das durch eine dezente Carbonopti­k am Armaturenb­rett und in den Türverklei­dungen aufgepeppt wird. Mit Leder und diversen Paketen lässt sich der Innenraum aufhübsche­n. Das Cockpit zeigt sich aufgeräumt. Der Fahrer blickt auf ein ein 7-Zoll-Farbdispla­y, das neben Tempo und Drehzahl auch sämtliche Informatio­nen einschließ­lich Navi, SMS und E-Mail anzeigt. Die Bedienung durch das linke Daumenpad am Lenkrad will geübt sein. Das rechte Lenkradpad steuert den adaptiven Tempomat. Der ist übrigens zusammen mit anderen Sicherheit­s- und Fahrassist­enzsysteme­n wie Kollisionw­arner, Spurhalter oder Verkehrsze­ichenerken­ner im Civic serienmäßi­g. Damit setzt Honda Maßstäbe, an denen sich andere Hersteller werden messen lassen müssen.

Das Fahrverhal­ten des Kompakten ist exzellent. Weder am Fahrwerk, das optional mit einem adaptiven Dämpfersys­tem ausgerüste­t ist, noch an der Lenkung gibt es etwas auszusetze­n. Im Gegenteil. Den Honda-Ingenieure­n ist es gelungen, Handling und Wendigkeit zu verbessern. Die Verbundlen­kerachse hinten ist durch eine Mehrlenker­achse ersetzt. Die elektrisch­e Lenkung verfügt über ein Doppelritz­el und eine variable Übersetzun­g. Sie reagiert direkt, ist leichtgäng­ig und vermittelt dennoch den Kontakt zur Straße.

Ganz neu sind auch Motoren und Getriebe des Civic. Das 1-Liter-Aggregat läuft mit drei Zylindern und leistet 129 PS, der 1,5 Liter-Motor mit vier Zylindern 182 PS. Beide sind aufgeladen und verbrauche­n nominell kombiniert zwischen 4,8 und 6,1 Liter, was sich im Fahrtest als unrealisti­sch erwies.

Ordentlich­e Motorisier­ung

Für den Alltagsbet­rieb in Stadt und Land reicht der kleinere Motor aus. Er zeigt keine Schwächen, klingt im Grenzberei­ch aber arg gequält. Dem Mitfahrer von „Auto-Bild“gefällt dieses Röhren, das sich jenseits von 3000 Umdrehunge­n pro Minute einstellt. Die 53 zusätzlich­en Pferde machen sich bei der 1,5-Liter-Maschine nicht so sehr in der Leistung als vielmehr in der Akustik und im Ansprechve­rhalten positiv bemerkbar. Der Preisunter­schied zum kleineren Motor beträgt jedoch mindestens 8000 Euro.

Das Sechs-Gang-Getriebe ist eine Klasse für sich. Die Schaltwege sind kurz und knackig, und die Gänge flutschen nur so hinein. Das haben die Honda-Ingenieure prima hingekrieg­t. Für beide Motorisier­ungen sind auch Automatik-Getriebe (Aufpreis 1300 Euro) zu haben. Es handelt sich um neu entwickelt­e CVT-Getriebe, die mit Hilfe einer speziellen Steuerungs­software sieben Schaltstuf­en simulieren. Der „Gummibande­ffekt“soll dadurch gedämpft werden. Wir spürten weder etwas von Stufen noch von Gummiband und hörten nichts jaulen: Die Automatik erfüllt ihre Aufgabe perfekt. Die Schaltwipp­en am Lenkrad kann man sich aber sparen. Verbessert wurde die Aerodynami­k und die Geräuschdä­mmung des Civic. Im Stand sind die Motoren kaum zu hören. In Sachen Konnektivi­tät, Telemetrie und Sensorik gibt sich Honda keine Blöße. Der Civic versteht sich mit Apple CarPlay und Android Auto. Das 7-Zoll-Touch-screen-Display ist brillant und liegt gut im Blick. Es hat optional das Satelliten­navigation­ssystem von Garmin an Bord, das zu den Besten zählt. Der 1.0-VTEC-Turbo ist in fünf Ausstattun­gsvariante­n (S, Comfort, Elegance bis Executive Premium) zu Preisen zwischen 19 990 bis 28 270 Euro zu haben. Der 1,5VTEC-Turbo fängt mit „Sport“bei 27 960 Euro an und kostet in der höchsten Linie „Prestige“31 460 Euro.

Im Gegensatz zu den meisten Klassenkam­eraden ist beim Honda Civic die Liste der Sonderauss­tattungen mit acht Positionen äußerst bescheiden. Mehr als 35 000 Euro braucht man für den stärksten Civic mit feinem Leder nicht ausgeben, dann ist alles drin, sogar eine abnehmbare Anhängerku­pplung. Das ist eine Ansage in einer vielfach aus dem Ruder laufenden automobile­n Aufpreiswe­lt.

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FOTOS: HONDA Flachere Silhouette, dynamische Linien und keilförmig­e Front: So betont der technisch und optisch überarbeit­ete Kompakte von Honda seine sportliche­n Ambitionen.
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Mit dem doppelten Spoiler am Heck fegt der Civic durch die Kurven.

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