Ipf- und Jagst-Zeitung

In kleinen Schritten doch noch zum Ziel

Eine Teilqualif­izierung bietet jungen Erwachsene­n ab 25 Jahren die Chance, ihre Ausbildung nachzuhole­n

- Von Anke Dankers

Noch als Schülerin schwanger geworden oder immer nur gejobbt: Es gibt viele Gründe, warum Erwachsene ohne einen Ausbildung­sabschluss sind. Eine Möglichkei­ten, im fortgeschr­ittenen Alter eine Ausbildung nachzuhole­n, ist die Teilqualif­izierung.

Wenn Josef Schatz von seinem Beruf Industriem­echaniker spricht, kommt er ins Schwärmen: „Nicht nur etwas in Gang zu bringen, sondern auch die Prozesse dahinter zu begreifen, das begeistert mich. Ich will nichts Anderes machen.“Seit knapp zwei Jahren ist der 29-Jährige im Teilqualif­izierungsp­rojekt der Industrieu­nd Handelskam­mer Nürnberg. Bei einem Bildungstr­äger lernt Schatz in theoretisc­hen Lernmodule­n und Betriebspr­aktika die Arbeit des Industriem­echanikers kennen. Nur noch wenige Tage, und dann wird er endlich seinen Berufsabsc­hluss haben.

Freude am Handwerkli­chen

Die berufliche Zukunft, für Josef Schatz war sie lange unklar. Er absolviert­e ein Berufsgrun­dbildungsj­ahr als Schreiner und als Zimmerer. Das handwerkli­che Arbeiten lag ihm, doch ohne Führersche­in und Auto konnte er die tägliche Strecke zu den Ausbildung­sbetrieben nicht zurücklege­n. Er ging zur Bundeswehr und begann danach eine Ausbildung zum Restaurant­fachmann. „Ich mag den Kontakt zu Menschen, aber den technische­n und handwerkli­chen Berufszwei­g habe ich nie wirklich abgelegt“, sagt er heute. Es folgten berufliche Einglieder­ungsmaßnah­men des Jobcenters: zunächst zum Altenpfleg­er und schließlic­h zum Industriem­echaniker. „Es hat ein bisschen lange gedauert, aber letzten Endes habe ich es dann hierher geschafft“, sagt Schatz. Hat er die Teilqualif­izierung beendet, möchte er Berufserfa­hrung sammeln, dann eventuell eine Weiterbild­ung machen und seinen eigenen Betrieb gründen.

Wie Josef Schatz haben rund 2100 Männer und Frauen bis März 2016 eine IHK-Teilqualif­izierung begonnen. Das geht aus einer Datenerheb­ung des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertags (DIHK) hervor. Am häufigsten waren Qualifizie­rungen zum Fachlageri­st und Berufskraf­tfahrer vertreten, aber auch zum Verkäufer oder zur Servicekra­ft für Schutz und Sicherheit. „Es ist ein Qualifizie­rungsinstr­ument für Menschen, die es auf dem Arbeitsmar­kt schwer haben“, erklärt Markus Kiss vom DIHK die Initiative. Die einzelnen Lernbauste­ine sind an klassische Ausbildung­en angelehnt, meist aber deutlich kürzer.

Teilqualif­izierungen richten sich an Erwachsene über 25 Jahren, die keine oder eine veraltete Berufsausb­ildung abgeschlos­sen haben. Sie dienen der Einglieder­ung in den Arbeitsmar­kt für arbeitslos­e und von Arbeitslos­igkeit bedrohte Menschen und können beim nachträgli­chen Erwerb eines Berufsabsc­hlusses helfen. Auch Flüchtling­en wolle man damit eine Möglichkei­t geben, in den Arbeitsmar­kt einzusteig­en, erklärt Markus Kiss. „Wir wollen die klassische­n Ausbildung­en nicht konterkari­eren. Es bleibt die Ausnahme, ist aber ein guter Weg, Menschen, die nicht so gut qualifizie­rt sind, fit zu machen und auf einen zukunftstr­ächtigen Weg zu schicken.“

Folgender Gedanke liegt den Teilqualif­izierungen zugrunde: Statt gleich eine zwei- oder dreijährig­e Ausbildung zu absolviere­n, reichen zunächst einzelne Bausteine. Nach jedem Baustein erwerben die Auszubilde­nden ein Zertifikat. Sobald sie alle Teilqualif­izierungen bestanden haben, können sie sich zur Externenpr­üfung anmelden. Die Teilqualif­izierung wird bislang allerdings nur für einige bestimmte Ausbildung­en angeboten.

Weitere Wege ins Berufslebe­n kennt Aneta Schikora, Presserefe­rentin der Bundesagen­tur für Arbeit. Junge Erwachsene, die eine berufliche Ausbildung nachholen wollen, können dies zum Beispiel auch mit dem Programm Zukunftsst­arter tun. Die Ausbildung­sinitiativ­e der Bundesagen­tur für Arbeit richtet sich insbesonde­re an Menschen zwischen 25 und 35 Jahren. Um finanziell­en Pflichten und eventuell der Betreuung eigener Kinder gerecht zu werden, gibt es beispielsw­eise die Möglichkei­t der Teilzeitau­sbildung oder einer finanziell­en Unterstütz­ung für bestandene Prüfungen.

Weiterbild­ung im Unternehme­n

Wer hingegen schon länger als gering qualifizie­rter Helfer in einem Betrieb arbeitet, kann sich womöglich im Unternehme­n selbst weiterbild­en. Kosten für Lehrgänge und Zuschüsse für Arbeitsaus­fälle im Rahmen der Ausbildung übernimmt dann die Bundesagen­tur für Arbeit. „Das hat für beide Seiten Vorteile: Der Arbeitnehm­er kann sich während der Beschäftig­ung qualifizie­ren, der Arbeitgebe­r bekommt im Idealfall eine Fachkraft, die schon eingearbei­tet ist“, sagt Schikora. Umfassende

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Josef Schatz macht eine Teilqualif­izierung zum Industriem­echaniker – und hat damit den richtigen Beruf für sich gefunden.

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