Millionenhilfe für Blasmusik
Landtag sichert Geld für neue Akademie in Plochingen und Erweiterung in Staufen zu
- In letzter Minute hat der Landtag 18 Millionen Euro für Neubauten der beiden Blasmusikverbände von Baden-Württemberg bewilligt. „Für uns ist es eine großartige Nachricht“, sagt der Präsident des Blasmusikverbands BadenWürttemberg (BVBW) Rudolf Köberle, der für die Vereine des württembergischen Landesteils zuständig ist. Bis zuletzt rangen die grünschwarzen Koalitionspartner um eine Einigung.
Lange schon plant der BVBW den Neubau einer Musikakademie. Weil die alte Akademie in Kürnbach (Landkreis Karlsruhe) den Anforderungen an den Brandschutz nicht mehr gewachsen war, fiel die Entscheidung auf einen Neubau in Plochingen (Landkreis Esslingen). Ein Umbau wäre aufwendig und kostspielig gewesen – die Rede war von drei Millionen Euro. Doch die Finanzierung des Neubaus war unsicher. „Bis zuletzt gab es sehr verwirrende Signale der Politik“, sagt BVBW-Präsident Köberle, der lange Jahre Ravensburger CDU-Landtagsabgeordneter und zeitweise auch Minister für den Ländlichen Raum war.
Grün-schwarzes Tauschgeschäft
Am Rande der Haushaltsdebatten im Landtag vergangene Woche rangen sich Grüne und CDU letztlich zu einem Kompromiss durch. Vor allem die CDU-Abgeordneten aus Oberschwaben erhöhten den Druck, um eine Finanzierung sicherzustellen. Nach Verhandlungen zwischen den beiden Fraktionschefs Wolfgang Reinhart (CDU) und Andreas Schwarz (Grüne) sowie zwischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seinem Vize Thomas Strobl (CDU) gibt es nun eine Lösung: gesicherte Gelder für die Blasmusik, im Gegenzug zusätzliche Mittel für E-Mobilität und Biosphärengebiete (siehe Kasten).
Der BVBW und sein Partnerverband aus dem badischen Landesteil, der Bund Deutscher Blasmusikverbände (BDB), hatten 20 Millionen Euro vom Land für die neue Musikakademie in Plochingen und die Erweiterung der Akademie in Staufen (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) beantragt. „Unser Haus ist schon seit vielen Jahren über Kapazität belastet“, sagt Christoph Karle, Leiter der Staufener Musikakademie. „Das zeigt, wie hoch der Bedarf bei den Amateuren ist.“Im Haushalt 2017 waren lediglich acht Millionen verankert. „Es war nicht klar, ob das der Einstieg oder die abschließende Summe ist“, so Köberle. Wäre das der endgültige Zuschuss gewesen, „wären wir völlig überfordert gewesen, so viele Eigenmittel zu bringen“, sagt er.
Nun können die beiden Verbände mit insgesamt 18 Millionen Euro planen. Im aktuellen Haushalt sind zwar nur zwei Millionen Euro eingestellt, dafür hat sich das Land verpflichtet, 2018 weitere sechs sowie in den Jahren 2019 und 2020 jeweils fünf Millionen Euro bereitzustellen. „Wir können jetzt mit Hochdruck die nächsten Schritte angehen“, sagt Köberle erfreut. Zunächst würde das Grundstück von der Stadt Plochingen gekauft, zum anderen können die Architekten mit der Bauplanung beginnen – im Architektenwettbewerb hatte sich das Stuttgarter Büro Lederer, Ragnasdóttir und Oei durchgesetzt, die unter anderem das Kunstmuseum in Ravensburg entworfen haben. „Der Spatenstich ist noch in diesem Jahr geplant“, sagt Köberle.
Von den 18 Millionen Euro seien 10,8 Millionen Euro für den BVBWNeubau in Plochingen eingeplant. Da der Verband mit Kosten von 16 Millionen Euro rechnet, muss er die Differenz selbst stemmen. Davon sollen die Vereine eine Millionen Euro beisteuern. Die alte Akademie in Kürnbach ist bereits verkauft, die Verhandlungen zum Verkauf der BVBWGeschäftsstelle in Bad Cannstatt, einer alten Stadt-Villa, liefen aktuell, so Köberle. „Wenn es dann noch eine Lücke gibt, müssen wir einen Kredit aufnehmen.“
60 Prozent Jugendliche
Die Musikakademien in Plochingen und Staufen sollen der Aus- und Weiterbildung der Amateur-Blasmusiker im Land dienen. Zugleich sollen die Geschäftsstellen dort Ideen und neue Wege entwickeln, wie etwa mit Zuwanderung und Integration noch besser umgegangen werden kann. Auch Chöre und Orchester sollen sich hier einmieten können. „Die Blasmusik war noch nie so jung, so stark und so professionell wie heute“, sagt Köberle, dessen Verband nach seinen Angaben 1430 Vereine umfasst und 106 000 Mitglieder zähle. Hinzu kommen 270 000 passive Mitglieder. Der badische BDB vereint weitere 170 000 Mitglieder, von denen 72 000 aktive Musiker sind. 60 Prozent der Aktiven in beiden Verbänden sind den Angaben zufolge Jugendliche.