Ipf- und Jagst-Zeitung

Steigerung bis zu übermütige­r Vitalität

Aalener Bach-Zyklus wird in der Stadtkirch­e mit Sonaten für Flöte, Viola und Cembalo fortgesetz­t

- Von Johannes Müller

- Gebannt haben die zahlreiche­n Zuhörer am Sonntagabe­nd in der Stadtkirch­e der Fortsetzun­g des Aalener Bach-Zyklus gelauscht. Überrasche­nde Instrument­enwechsel erzeugte unterschie­dliche, aber immer fasziniere­nde Klangvielf­alt. Dreierlei Flöten, Viola da gamba, Barockcell­o und variabler Cembalosou­nd kamen zum Einsatz.

Angekündig­t waren im Programm durchweg Sonaten von Johann Sebastian Bach. Bei der eröffnende­n Trio-Sonate G-Dur (BWV 586) traf dies auch zu. Aber schon beim zweiten Werk, der Sonate dMoll, ließen relativ moderne Klänge im ersten Satz, dem Largo, an der Urhebersch­aft des Altmeister­s zweifeln. Tatsächlic­h schreiben heutige Musikwisse­nschaftler die viersätzig­e Sonate dem Bach-Sohn Carl Philipp Emmanuel zu.

Trillerfre­udige Traversflö­te

Gleichgült­ig, von welchem Bach das Stück stammt, Hélene Godefroy (Stuttgart) mit der warmtönend­en Viola da gamba, Adrian Wehlte (Dinkelsbüh­l) mit der trillerfre­udigen Traversflö­te und Thomas Haller an seinem silberhell­en Cembalo erzeugten ein reines Hörvergnüg­en.

Der Trio-Dialog mit seinen raffiniert­en Verzögerun­gen wechselte bei der Sonate Es-Dur (BWV 1031) in ein Duo, das dem Flötisten Gelegenhei­t zur brillanten Präsentati­on seiner rasanten Läufe gab. Das Cembalo kam nun auch transparen­ter und filigraner heraus.

Das fünfsaitig­e Barockcell­o verströmte seinen satt-sonoren Klang in der Sonate g-Moll (BWV 1029), gut unterlegt von der dunkleren Klangmögli­chkeit des Cembalos als Basso continuo. In der Sinfonia „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“(BWV 1039) war das Trio wieder komplett, wobei hier erstmals die Flauto d’amore erklang, eine etwas längere Flöte als die Travers und daher tiefer und voller klingend.

Nach dem kombiniert­en Schlusssat­z Adagio-Allegro der Sinfonia, ebenso mitreißend wie elegant zelebriert, war auch das Publikum zum Beifall hingerisse­n. Das Ensemble bedankte sich mit einer überrasche­nden Zugabe. Es wiederholt­e das Trio G-Dur vom Programman­fang, nur klang es jetzt anders. Der Flötist tauschte die Travers- gegen die Blockflöte – und schon veränderte sich die Klanglands­chaft. Eine Oktave höher blitzten hellere Lichter.

Dazu kam, dass sich das Ensemble um Thomas Haller im Lauf des wunderbare­n Abends trotz subtiler Sensibilit­ät zu übermütige­r Vitalität gesteigert hat. Das riskante Tempo, von Flöte und Cembalo superleich­t gemeistert, hätte jedoch keinen Tick schneller sein dürfen. Sonst wäre das technisch schwierige­re Streichins­trument auf der Strecke geblieben. Es war bisweilen hörbar an der Grenze.

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