„Versäumnis“beendet Karriere von Flynn
Machtkampf im Weißen Haus endet mit Entlassung des Nationalen Sicherheitsberaters
- Ein dramatischer Machtkampf im Weißen Haus endet mit einer spektakulären Entlassung: Nach nur etwas mehr als drei Wochen im Amt ist Michael Flynn nicht mehr Nationaler Sicherheitsberater der USA. In einem Brief, mit dem er Abschied vom Amt nahm, räumte Flynn doch noch ein, was er lange dementiert hatte: dass er nicht die Wahrheit gesagt habe über ein im Dezember geführtes Telefonat mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak in Washington. Damals war Flynn lediglich für den Posten des Sicherheitsberaters nominiert.
Wegen des hohen Tempos der Ereignisse, schrieb Flynn, habe er es „versehentlich versäumt“, den designierten Vizepräsidenten Mike Pence und andere vollständig über sein Gespräch mit Kisljak zu informieren. Er habe sich dafür entschuldigt, fügte er an – um das Schreiben eher trotzig mit der Schlüsselparole aus Donald Trumps Wahlkampf zu beenden: „Make America Great Again.“
Es war an einem der ruhigen Tage nach Weihnachten, als der pensionierte Drei-Sterne-General mit Kisljak über die Sanktionen sprach, die Barack Obama gerade gegen Russland verhängt hatte. Der scheidende USPräsident wollte Moskau einen Denkzettel verpassen, während er dem Kreml vorwarf, die amerikanische Wahl mit gezielten Hackerangriffen manipuliert zu haben. Flynns Aufgabe dürfte es gewesen sein, Moskau baldiges Tauwetter nach vorübergehender Eiszeit zu signalisieren, ob im Auftrag Trumps oder auf eigene Faust, bleibt vorläufig offen. Da er aber zu jener Zeit noch kein Regierungsamt innehatte, verstieß er gegen geltendes Recht. Ein US-Gesetz aus dem 18. Jahrhundert verbietet es Privatleuten, mit ausländischen Regierungen über Staatsangelegenheiten zu verhandeln.
In Erklärungsnot
Nach Darstellung des Weißen Hauses hat US-Präsident Donald Trump den Nationalen Sicherheitsberater selbst entlassen. Das sagte Sprecher Sean Spicer. Zunächst hatte es geheißen, Flynn habe von sich aus um seine Entlassung gebeten. Das Weiße Haus gerät in der Sache zunehmend in Erklärungsnot. Nach Darstellung der USRegierung war Trump mehr als zwei Wochen darüber informiert, dass Flynn mit Kisljak gesprochen hatte. Trump habe dies rechtlich untersuchen lassen, sagte Spicer. Das Weiße Haus habe den Vorgang aber nicht als rechtliches Problem bewertet.
Sicher ist, dass es eine veritable Vertrauenskrise im eigenen Haus gab. Pence nahm Flynn übel, dass er ihn angelogen hatte. Noch vor Tagen hatte Pence beteuert, bei dem Telefonat zwischen Flynn und Kisljak sei es nie um Sanktionen gegangen. In die Irre geführt und blamiert, gehörte Pence am Ende zu denen, die am energischsten auf die Demission drängten. Bei alledem gibt es Stimmen in Washington, die von der „Rache der Schlapphüte“am Kabinett Trump sprechen, im Grunde an einem Präsidenten, der lange kein Hehl daraus machte, mit welch tiefem Misstrauen er CIA und NSA begegnet. Flynns Gespräch mit Kisljak wurde abgehört, und dass sein Inhalt durchgestochen wurde, war zu erwarten. Zu intensiv tobt die Debattenschlacht darüber, wie viel Nähe zu Kremlchef Wladimir Putin ratsam wäre. Wie erst jetzt bekannt wurde, ließ das Justizministerium dem Weißen Haus bereits Ende Januar eine Einschätzung zukommen, wonach er durch den Kreml erpresst werden könnte.
Klar scheint, dass hinter den Kulissen erbittert gerungen wurde um die Personalie. Flynn hat Trump bereits im Wahlkampf beraten, als das republikanische Establishment dem Milliardär die kalte Schulter zeigte. So etwas begründet eine gewisse Loyalität. Im inneren Zirkel der Macht zählte der Ex-General aus dem Zwergstaat Rhode Island zu den Hardlinern.
Russische Politiker werten Flynns Rücktritt als ein schlechtes Zeichen für die bilateralen Beziehungen. „Von den Falken in Washington wird die Bereitschaft zum Dialog mit den Russen als Gedankenverbrechen gesehen“, schrieb am Dienstag der Vorsitzende im Außenausschuss des Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, auf Facebook. US-Präsident Trump könne entweder nicht selbstständig handeln oder er werde daran gehindert, kritisierte Kossatschow. Flynn wegen seiner Kontakte zu Kisljak in Washington zu entlassen sei „nicht nur Paranoia, sondern etwas viel Schlimmeres“.