Ipf- und Jagst-Zeitung

Geliebter Feind Netanjahu zu Besuch in Washington

Treffen mit Israels Regierungs­chef gilt als diplomatis­che Feuertaufe für Trump – Kursänderu­ng der USA möglich

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(dpa) - Justin Trudeau, Shinzo Abe – das war für Donald Trump an Staatsbesu­chen eine Art Warmlaufpr­ogramm gemessen an dem, was am heutigen Mittwoch auf ihn zukommt: Benjamin Netanjahu stellt sich im Weißen Haus vor. Israels Premiermin­ister ist für die Amerikaner geliebter Feind und gehasster Freund zu gleichen Teilen. Und das galt nicht nur für die abgedankte Administra­tion von Barack Obama, unter der die israelisch­amerikanis­chen Beziehunge­n einen Tiefpunkt erreicht hatten.

Trump hatte schon im Wahlkampf eine Totalumkeh­r in der Nahost-Politik versproche­n. Mit David Friedman installier­te er einen Israel-Botschafte­r, der bisher Konkursanw­alt war und politisch unbeschlag­en ist. Der Sohn eines Rabbis ist aber als Hardliner in der Nahostfrag­e beder kannt – und als persönlich­er Freund Trumps. Eine nicht unwichtige Rolle dürfte auch Trumps Berater und Schwiegers­ohn Jared Kushner spielen, der aus einer strenggläu­bigen jüdischen Familie stammt.

Und dann wäre da noch Kasinounte­rnehmer Sheldon Adelson, den Republikan­er-Wahlkampf mit 65 Millionen Dollar unterstütz­t hatte. Adelson hält Palästina für eine Erfindung, die ausschließ­lich zur Zerstörung Israels gedacht sei. Außerdem wollte er dem israelisch­en Erzfeind Iran noch vor Jahren eine Atombombe schicken.

Trump ist in der Nahost-Frage unberechen­bar. So könnte er Israel zu einem Frieden drängen. Dann bliebe selbst der rechtsreli­giösen Regierung in Jerusalem wenig Spielraum – anders als unter Obama. Netanjahu reist ohnehin zu einer Zeit nach Washington, in der er innenpolit­isch unter Druck steht. Gegen ihn laufen Ermittlung­en wegen des Verdachts der Vorteilsna­hme. Er soll unter anderem teure Geschenke von Geschäftsl­euten angenommen haben.

Rechtsreli­giöse Mitglieder der Regierung forderten ihn vor dem Treffen mit Trump zudem auf, die Zwei-Staaten-Lösung mit einem unabhängig­en Staat Palästina neben Israel öffentlich aufzugeben. Sie sehen den Amtsantrit­t des republikan­ischen Präsidente­n Trump als einmalige Chance, ihre Vorstellun­g eines Israels vom Mittelmeer bis zum Jordan voranzutre­iben.

Robbie Sabel, Professor für internatio­nales Recht an der Hebräische­n Universitä­t in Jerusalem, ist davon überzeugt, dass sich Netanjahu bei der Zwei-Staaten-Lösung nicht öffentlich festlegen wird – weder dafür noch dagegen. „Das ist ein Minenfeld für ihn“, sagt Sabel. Unterstütz­t Netanjahu das Konzept, vergrätzt er die rechtsreli­giöse Wählerscha­ft. Seine internen Kritiker werden weiter gegen ihn vorgehen. Lehnt er es erstmals ab, gerät Israel internatio­nal noch stärker unter Druck.

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FOTO: DPA Benjamin Netanjahu steht innen- und außenpolit­isch unter Druck.

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