Getarnte Hassbotschaften und verdrehte Wahrheit
Bundesfamilienministerin Schwesig will Jugendliche vor rechtsextremen Inhalten im Netz schützen
- Rechtsextremismus im Netz nimmt zu. Während Jugendliche früher auf der Straße geködert worden seien, lauere die Gefahr mittlerweile in sozialen Netzwerken, sagte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) am Dienstag. Neu sei, dass rechtsextreme Botschaften jetzt mit jugendlichen Themen vermischt würden. Die Hassbotschaften würden damit verschleiert. Diese Art der Propaganda erziele eine hohe Reichweite, so Schwesig.
Rechtsextreme Meinungen werden in coolen Hip-Hop-Songs subtil verpackt, Naziparolen stehen zwischen Bildern von Erdbeerkuchen und Müsli. Polizeimeldungen werden dreist überarbeitet und auf vermeintlichen Nachrichtenseiten gebündelt. Durch Fake News wird dann Hass gegen Flüchtlinge geschürt.
Dadurch, dass die Autoren ihre Beiträge gegenseitig verlinken und allgemein verbreitete Hashtags benutzen, könnten die Botschaften in den Mainstream vordringen, warnt Stefan Glaser, stellvertretender Leiter von jugendschutz.net. Das Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Jugendschutz im Internet spürt bereits seit dem Jahr 2000 rechten Aktivitäten im Netz nach. Knapp 53 000 entsprechende WebAngebote hat die Stelle im vergangenen Jahr gesichtet, 1794 Hinweise kamen aus der Bevölkerung.
Im Kampf gegen die Hassbotschaften hätten die Plattformbetreiber eine besondere Verantwortung, sagte Schwesig. „Wir sehen sie in der Pflicht, Beiträge schneller zu löschen – ohne Wenn und Aber.“
Verstöße gegen den Jugendschutz
Gegen 1678 Angebote, die gegen den Jugendschutz verstoßen haben, ist jugendschutz.net 2016 vorgegangen. Der Großteil dieser Beiträge war bei Facebook, Youtube oder Twitter zu finden. Immerhin konnten im vergangenen Jahr 80 Prozent dieser Inhalte gelöscht oder gesperrt werden. Hierbei sei der besonders enge Kontakt zu den Support-Teams der Plattformen wichtig, sagte Glaser. Es gibt allerdings auch Portale, die gar nicht reagierten, etwa die russische Plattform VK, auf die deutsche Behörden keinen Einfluss haben.
Neben dem Entfernen von Hetzbotschaften müsse die Medienkompetenz von Jugendlichen gestärkt werden, forderte Schwesig. Sie seien durch rechtsextreme Botschaften im Netz besonders gefährdet, weil sie nach Identität und Zugehörigkeit suchten. Das „Durcheinander, dass man gar nicht mehr weiß, was wahr ist und was nicht“, sei zudem eine Gefahr für die Presse- und Meinungsfreiheit, warnte die Ministerin. Nach Darstellung von Stefan Glaser richten sich die rechtsextremen Beiträge oft gegen Flüchtlinge oder Menschen, die sich für sie einsetzen.