Ipf- und Jagst-Zeitung

VfR Aalen geht in die Planinsolv­enz

Aktueller Spielbetri­eb ist nicht in Gefahr – Gehälter können weiter gezahlt werden

- Von Ulrich Geßler

- Fußball-Drittligis­t VfR Aalen zieht die Notbremse und regelt die Schuldenal­tlasten und deren Folgewirku­ngen aus früheren Zeiten. Das haben das Präsidium des Vereins und Oberbürger­meister Thilo Rentschler in einem kurzfristi­g angesetzte­n Pressegesp­räch am Dienstagab­end erklärt. Eine Planinsolv­enz soll helfen, den Fußballclu­b neu aufzustell­en.

Nicht eingeweiht in die Vorgänge war die Mannschaft, die am späten Nachmittag von der Planinsolv­enz erfuhr. Lediglich Trainer Peter Vollmann war frühzeitig informiert worden. Seine Aufgabe wird es sein, die Mannschaft für die kommenden Spiele zu motivieren. Der laufende Spielbetri­eb und die Lizenz für die neue Spielzeit würden durch die Plansanier­ung nicht gefährdet. Die Spieler und Mitarbeite­r erhalten ihre Gehälter in vollem Umfang. Der Klassenerh­alt bleibt das Ziel. Zum Problem könnte dabei werden, dass der DFB dem Verein angesichts der Finanzmise­re bereits in der laufenden Saison bis zu neun Punkte abziehen kann. Roland Vogt, Sprecher des Präsidiums, hofft indes, dass es gar nicht soweit kommt. Wenn nämlich ein Hauptspons­or insolvent ist, muss diese Regelung nicht angewendet werden. Dies sei bei Imtech auf jeden Fall so. Und auch Scholz könne als faktisch insolvent bezeichnet werden, sagt der Münchner Anwalt des VfR, Georg Streit.

Nicht zahlungsun­fähig, aber überschuld­et

Deutlich zu spüren war die Enttäuschu­ng über das Verhalten des früheren Präsidente­n Berndt-Ulrich Scholz. Der habe wohl in der Vergangenh­eit behauptet, er habe den Verein schuldenfr­ei gestellt. Dem sei aber nicht so gewesen. Scholz habe nur für Kredite des Vereins gebürgt, die sich mittlerwei­le auf 3,6 Millionen Euro angehäuft haben. Diese Darlehen müssen aus dem laufenden Betrieb bedient werden. Zins und Tilgung belasten daher die Vereinsfin­anzen. Dafür mussten Einnahmen aus den Sponsoring­verträgen herhalten. „Der Verein ist nicht zahlungsun­fähig, aber er ist überschuld­et“, sagt Vogt.

Die Vereinsfüh­rung habe es sich nicht leicht gemacht, letztlich aber den Beschluss zur Planinsolv­enz einstimmig gefasst. Dass es überhaupt so weit kommen musste, liege maßgeblich im Wegbrechen der beiden Hauptspons­oren Imtech und Scholz (Recycling) zum Ende der Saison 2012/2013 begründet. „Seit Jahren kämpft der VfR Aalen mit defizitäre­n Haushalten. Auch schon in der Zeit der 2. Liga gelang es den damals Verantwort­lichen nicht, dem Prinzip ‚Bürgschaft und Kredite’ ein Ende zu setzen“, sagt Roland Vogt.

Betriebspr­üfung bringt das Fass zum Überlaufen

Neben diesen Schulden des VfR Aalen sind die Rechte am Stadionnam­en eine Haupteinna­hmequelle des Vereins. Doch dieses Geld ist ebenfalls an die Schuldenti­lgung gebunden und steht dem Verein im laufenden operativen Betrieb nicht zur Verfügung. Das Fass vollends zum Überlaufen gebracht hat eine Betriebspr­üfung des Finanzamte­s der Jahre 2008 bis 2012. Hier geht es um eine Steuernach­zahlung in der Höhe von bis zu 500 000 Euro.

Bis zuletzt hat die Vereinsfüh­rung versucht, sich mit Scholz zu einigen. Am Dienstag um 15 Uhr war dann klar, dass es zu keiner Übereinkun­ft kommt. Die zugesagte sofortige Übernahme des Verlustes in der Saison 2015/2016 und die Freigabe der Namensrech­te seien nicht erfolgt. Letztlich könne sich der VfR Aalen aus eigener Kraft aus dieser Schuldenla­st nicht mehr befreien, erklärt Vogt.

Die Rettung soll ein geordnetes Planinsolv­enzverfahr­en bringen. Zugleich will sich der Verein auch die Namensrech­te am Stadion und damit die Luft zum finanziell­en Atmen wieder zurückhole­n. Die Aalener müssen sich also an einen neuen Stadionnam­en gewöhnen. Spätestens ab der kommenden Saison dürfte an der Nordtribün­e ein neuer Schriftzug angebracht sein.

Der Insolvenzp­lan soll die Zulassung zum Spielbetri­eb für die kommende Saison sichern. Hierzu erfolge eine enge Abstimmung mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB). Die Zulassung setzt laut DFB-Statuten unter anderem die wirtschaft­liche Leistungsf­ähigkeit des Vereins voraus, die der Verein durch das Planverfah­ren auch für die kommende Saison sicherstel­lt.

Anzahl der Sponsoren von 100 auf 183 gesteigert

Durch Umstruktur­ierungen und Verhandlun­gen konnten nach Aussage Vogts die Ausgaben bereits erheblich reduziert werden. Und auch der Blick auf die Sponsoren zeige Erhellende­s. Vogt: „In den letzten Jahren hatten wir auch in der 2. Liga nur rund 100 Sponsoren und wurden bei der Sponsoren-Vermarktun­g von einer Agentur betreut. Jetzt vermarkten wir uns selbst und haben die Sponsorenz­ahl schon auf aktuell 183 gesteigert.“

OB Thilo Rentschler sieht in der Planinsolv­enz die lang ersehnte Chance, um den VfR kurzfristi­g wieder aufzubauen. Optimistis­ch blickt das Stadtoberh­aupt auf die weitere Entwicklun­g des Vereins. Er spricht von einem Neustart.

2021 feiert der VfR sein 100-jähriges Bestehen. „Dann wollen wir wieder in der 2. Liga spielen“, sagt Präsidiums­mitglied Roland Vogt.

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FOTO: UG Der Sprecher des VfR-Präsidiums, Roland Vogt (links) und Oberbürger­meister Thilo Rentschler betonen die Chancen einer Planinsolv­enz für den Fußballver­ein.

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