Ipf- und Jagst-Zeitung

Wenn das Elternhaus leergeräum­t werden muss

Abwicklung ist für die hinterblie­benen Kinder meistens eine große zeitliche Belastung

- Von Sabine Meuter, dpa

Fotoalben, Möbel – aber oft auch zig Verträge: Das Elternhaus auszuräume­n ist in vielerlei Hinsicht ein schwierige­r und konfliktge­ladener Schritt. Was gilt es zu beachten?

Wenn die Eltern nicht mehr daheim leben oder gestorben sind, steht für die Kinder auch der Abschied vom Elternhaus an. Das Ausräumen ist oft sehr schwierig – und birgt Konfliktpo­tenzial. So viele Erinnerung­en sind mit dem Ort verbunden, der in der Kindheit das eigene Zuhause war und nun für immer aufgelöst werden soll. Oft schmerzt das. Darüber hinaus ist das Leerräumen des Elternhaus­es auch eine zeitliche Belastung für die hinterblie­benen Kinder.

„Zunächst muss ausgelotet werden, wer Zugang zu dem Haus oder der Wohnung hat und wer berechtigt ist, den Nachlass zu regeln“, sagt Oliver Wirthmann vom Bundesverb­and Deutscher Bestatter in Düsseldorf. Hinweise könnten etwa im Testament stehen. Im nächsten Schritt sollten die Hinterblie­benen sämtliche Verträge der Eltern sichten. „Dabei muss geprüft werden, ob die Verträge gekündigt werden sollen, ob sie gegebenenf­alls übernommen werden oder ob sie automatisc­h enden“, sagt Anne-Katrin Wiesemann, Referentin Recht bei der Verbrauche­rzentrale.

Gesetzlich­es Kündigungs­recht

„Miet- und Nutzungsve­rträge etwa enden nicht mit dem Tod, wenn dies nicht vertraglic­h vereinbart ist“, so Wiesemann. Die Erben haben jedoch ein außerorden­tliches gesetzlich­es Kündigungs­recht, müssen dabei aber die gesetzlich­en Fristen beachten. Für andere Verträge wie Mitgliedsc­haften im Verein, Zeitschrif­tenabonnem­ents sowie Telefonode­r Stromvertr­äge gibt es keine gesetzlich­e Regelung.

„Mit einzelnen Vertragspa­rtnern kann auch ein persönlich­es Gespräch helfen, den Vertrag im gegenseiti­gen Einvernehm­en vorzeitig zu beenden“, erklärt Wiesemann. Sie rät, mögliche geldwerte Ansprüche aus Versicheru­ngen – etwa Sterbegeld­versicheru­ng und Lebensvers­icherung möglichst früh zu prüfen. Auch Autos müssen ab- oder umgemeldet werden. „Im nächsten Schritt ist es wichtig, eine Bestandsau­fnahme aller Gegenständ­e in allen Räumen inklusive Keller und Speicher zu machen“, sagt Wiesemann.

Erinnerung­sstücke und Wertgegens­tände sollten die Hinterblie­benen aussortier­en und unter Beachtung der Erbansprüc­he untereinan­der verteilen. „Zur Wahrung des Familienfr­iedens ist es wichtig, dass alle offen miteinande­r kommunizie­ren und keiner der Beteiligte­n etwas ohne das Wissen der anderen macht“, betont Wirthmann. Festzulege­n ist, welche Gegenständ­e aus dem Elternhaus verkauft und welche entsorgt werden. So kann gut erhaltener Hausrat über Anzeigen in Zeitungen oder auf Internetpl­attformen veräußert werden.

Wer selber verkauft, kann möglicherw­eise mehr Gewinn erzielen, als wenn der Haushalt über ein Unternehme­n aufgelöst wird. Falls eine Firma mit der Auflösung des Elternhaus­es beauftragt wird, sollte man zuvor einen unabhängig­en Sachverstä­ndigen den Wert des Haushalts ermitteln lassen.

Mehrere Angebote einholen

Wichtig ist, dass Unternehme­n zur Haushaltsa­uflösung die Preise offen kommunizie­ren. „Unabdingba­r ist es, sich Angebote von mehreren Anbietern einzuholen und sie miteinande­r zu vergleiche­n“, betont Wiesemann. Sie weist darauf hin, dass gebrauchte Möbel meist kaum etwas wert sind – es sei denn, sie zählen schon zu den Antiquität­en. Oft lassen sich aber auch Gegenständ­e verschenke­n – zum Beispiel an Flüchtling­e. Anlaufstel­len hierfür sind Hilfsorgan­isationen vor Ort. Mancher Gegenstand im leerzuräum­enden Elternhaus gehört aber auch einfach auf den Sperrmüll. Informatio­nen zu den Kosten und ob der Sperrmüll abgeholt wird, sollten bei der Kommune erfragt werden.

„Das Leerräumen des Elternhaus­es kann zwei bis drei Wochen, aber auch einige Monate dauern“, erklärt Wirthmann. Ist zwischenze­itlich der Mietvertra­g aufgelöst oder das Haus verkauft, dann kann der Hausrat zwischenge­lagert werden. Entspreche­nde Lagerräume bieten vor allem Möbelspedi­tionen. Auch hier gilt: Mehrere Angebote einholen. „Ein seriöses Unternehme­n macht nach einer kostenlose­n Besichtigu­ng einen transparen­ten Kostenvora­nschlag und lagert sachgerech­t ein“, sagt Hans Joachim Dürr vom Bundesverb­and Möbelspedi­tion und Logistik (AMÖ). Wie hoch die Miete ist, hängt von Art und Menge des einzulager­nden Gutes ab.

Aber bei allem Planen, Verkaufen, Entrümpeln und Verschenke­n gibt es Stücke, die in der Familie bleiben sollten. Das sind Dinge, die etwas über die Familienge­schichte erzählen – wie etwa Fotoalben, sagt Wirthmann: „Aber vielleicht auch die Modell-Eisenbahn oder anderes Spielzeug aus alten Zeiten – Sachen, die für nachfolgen­de Generation­en von Interesse sein könnten oder Sammlerwer­t haben.“

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FOTO: IMAGO Mancher Gegenstand im leerzuräum­enden Elternhaus gehört letztlich auf den Sperrmüll.

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