Europaparlament stimmt Ceta zu
Bekenntnis zum freien Handel: EU-Abkommen mit Kanada nimmt nächste Hürde
- Eine große Mehrheit der Europaabgeordneten hat dem Freihandelsabkommen Ceta mit Kanada zugestimmt. 408 der 695 an der Abstimmung teilnehmenden Parlamentarier billigten am Mittwoch den Vertrag, um den jahrelang gerungen worden war, und der als Maßstab für ein mögliches Handelsabkommen mit den USA (TTIP) gilt. Mit Donald Trumps Amtsantritt sind die Chancen dafür aber rapide gesunken. In der Debatte hatten mehrere Redner den „Trump-Effekt“dafür ins Feld geführt, dass ein Bekenntnis zum freien Handel heute wichtiger sei denn je.
„Erneut sind der extrem rechte und der extrem linke Flügel in ihrer Ablehnung von allem verbunden, was gut für Europas Bürger ist“, kritisierte der lettische Abgeordnete Artis Pabriks, der Ceta im Europaparlament betreut. „Wer sich nicht trumpen lässt und nicht auf alternative Fakten hört, wird sich uns aber anschließen.“Das lettische Parlament werde das Abkommen ebenfalls rasch annehmen, erklärte Pabriks. Da es von allen nationalen Parlamenten der EU gebilligt werden muss, kann der Prozess aber Jahre dauern.
Kritische Länder wie Belgien sollten sich die Vorteile von Ceta ein Jahr lang ansehen, bevor sie ihre Entscheidung treffen, empfahl Pabriks. „Vielleicht verlieren sie dann die Lust daran, das Abkommen für ihre innenpolitischen Spielchen einzusetzen“, sagte er in Anspielung darauf, dass Belgien damit gedroht hat, das Abkommen juristisch prüfen zu lassen. Der Tory-Abgeordnete Charles Tannock lobte das Verhandlungsergebnis und erklärte, Ceta könne als Blaupause für ein EU-Handelsabkommen mit Großbritannien dienen.
Provisorisch gültig
Rechte, Liberale und Konservative hatten sich früh zu Ceta bekannt, das nach Berechnungen der EU-Kommission das europäische Bruttoinlandsprodukt um jährlich 12 Milliarden Euro erhöhen könnte. Bei den Sozialisten hatte es tief sitzende Vorbehalte gegeben, weil sie eine Einschränkung der Arbeitnehmerrechte fürchten und Kommunen und öffentliche Dienste einem Privatisierungsdruck ausgesetzt sehen.
Am Dienstagabend hatte sich die Fraktion aber dafür entschieden, Ceta zu billigen. Das umstrittene Kapitel über eine Sonderschiedsgerichtsbarkeit für Handelsstreitigkeiten parallel zum bestehenden Justizsystem war zuvor ausgeklammert worden. Deshalb tritt Ceta vorerst nur provisorisch in Kraft, bis dafür eine Lösung gefunden ist. Eine Möglichkeit wäre es, ein internationales Handelsgericht einzurichten.
„Durch Ceta werden 99% der Zölle zwischen den Vertragspartnern EU und Kanada abgeschafft, um einfacheren Verkehr von Waren und Dienstleistungen zu ermöglichen, wodurch die EU bis zu 500 Millionen Euro jährlich spart“, begrüßte Norbert Lins, EVP-Mitglied aus BadenWürttemberg, das Abkommen.
Dagegen kritisierte die Europaabgeordnete Maria Heubuch (Grüne) Ceta, weil es die „Interessen von multinationalen Konzernen über die Interessen des Gemeinwohls“stelle. Heubuch stört unter anderem, dass die kanadische und US-amerikanische Agrarindustrie bald „gentechnisch veränderte oder geklonte Tiere und Pflanzen“nach Europa verkaufen könnten. Wegen dieser Bedenken hatten die Grünen im Plenarsaal mit Plakaten gegen Ceta protestiert.
Am heutigen Donnerstag wird Kanadas Premier Justin Trudeau zu einer Rede im EU-Parlament erwartet. Viele Abgeordnete bedauerten, dass er der Debatte am Mittwoch ferngeblieben war und sich nicht mit der Kritik auseinandergesetzt hatte. Philippe Lamberts, Ko-Fraktionsvorsitzender der Grünen, kritisierte, dass es nach Trudeaus Auftritt keine Redezeit für die Parteien gebe.