Wir werden alle älter
Danny Boyle und Ewan McGregor kommen mit „T2 Trainspotting“zurück ins Kino
Trainspotting“, das JunkieDrama, das im Schottland der späten Thatcherjahre spielt, machte den britischen Regisseur Danny Boyle und den schottischen Schauspieler Ewan McGregor 1996 zu Stars. Beide starteten eine Karriere in Hollywood. Danny Boyle bekam einen Oscar für „Slumdog Millionär“, und Ewan McGregor stand als Obi-Wan Kenobi in „Star Wars“dreimal vor George Lucas’ Kamera. Nun also die Fortsetzung „T2 Trainspotting“.
Kann das gut gehen, 20 Jahre später an ein Werk anschließen, das einst neue Maßstäbe der Popästhetik gesetzt hat? Ja, es funktioniert. Aber nicht als einfache Fortsetzung, sondern als eigenständiges Werk. Natürlich hat „T2 Trainspotting“nicht mehr den Überraschungseffekt wie der erste Film von 1996. Aber er ist auf seine Art überzeugend: als Tragikomödie über verpasste Chancen und verpatzte Leben.
Wieder liefert ein Buch von Irvine Welsh die Vorlage. Allerdings haben Boyle und sein Drehbuchautor John Hodge nur ein paar Motive aus „Porno“übernommen. Sie haben stattdessen versucht, die Figuren aus „Trainspotting“weiterzuentwickeln. Was ist aus Mark (Ewan McGregor) geworden? Hat er sich mit den 16 000 Pfund, um die er damals seine Kumpels betrogen hat, tatsächlich ein bürgerliches Leben mit Waschmaschine und Ehefrau aufgebaut? Sick Boy (Jonny Lee Miller) will das wissen. Aber zuerst haut er Mark mal eine aufs Maul, als der eines grauen Nachmittags plötzlich in seiner Bar auftaucht.
Sick Boy, noch immer David-Bowie-platinblond, sinnt auf Rache. Denn anders als Mark ist er nie aus dem Milieu herausgekommen. Aktuell verdient er die Kohle für seinen Koks, indem er seine rumänische Freundin Nikki (Anjela Nedyalkova) beim Sex mit „ehrbaren“Männern filmt, um sie nachher zu erpressen. Spud (Ewen Bremner) war damals der einzige, der seinen Anteil an dem Heroin-Deal bekommen hatte. Dieser guten Seele konnte selbst der ehrgeizige Mark nicht wehtun. Doch Spud hat das Geld nicht gutgetan, er hat alles in Rauschgift umgesetzt, seine Arbeit verloren und seine Familie zerstört. Mark entwickelt einen geradezu pädagogischen Furor, Spud von der Nadel wegzubringen. Er zwingt dieses dürre Elend sogar dazu, mit ihm rund um Edinburgh zu joggen.
Richtig in Fahrt kommt die Geschichte, als der immer noch ziemlich irre Francis Begbie (Robert Carlyle) aus dem Gefängnis entkommt. Intellektuell etwas unterbelichtet versucht er wieder, alles mit Gewalt zu lösen – und richtet nur mehr Schaden an.
Boyle blendet immer wieder zurück, man sieht, wie sich der junge McGregor als voll gedröhnter Mark zu „Lust for Life“in Trance tanzt und wie der nun 40-Jährige sich nach der Rückkehr in seinem alten Kinderzimmer noch einmal Iggy Pops Platte auflegt.
„Trainspotting“war damals eine andere Hausnummer, knallte richtig rein. Das passiert beim neuen Film nicht. Und dennoch verfliegen die zwei Stunden im Flug. Das ist gut gemachtes Kino und zeigt, dass Danny Boyle seine Wurzeln nicht vergessen hat. „T2“steht in der Tradition des New British Cinema: engagiertes Kino, sozialkritisch, respektlos, stark.
T2 Trainspotting. Regie: Danny Boyle. Mit Ewan McGregor, Jonny Lee Miller, Robert Carlyle, Ewen Bremner. Großbritannien 2017. 117 Minuten. FSK ab 16.