„Ich bin wundergläubig“
Volker Schlöndorff stellt auf der Berlinale seinen neuen Film „Rückkehr nach Montauk“vor
(dpa) - Wenn der Oscar schon im Regal steht, juckt einen dann noch der Berlinale-Bär? Und ob, sagt Regisseur Volker Schlöndorff. Schon die Kinoversion von Max Frischs Roman „Homo Faber“sorgte 1991 für Aufsehen. Jetzt hat Filmemacher Volker Schlöndorff seinem Schweizer Freund Frisch (1911-1991) mit seinem neuen Film „Rückkehr nach Montauk“posthum ein Denkmal gesetzt. Nina Hoss und Stellan Skarsgård spielen ein Ehepaar in dieser Geschichte über Liebesglück und den Schmerz der Erinnerungen. Im Interview mit Nada Weigelt erzählt der 77-jährige Regisseur, wie es dazu kam, dass Til Schweiger den Film mitfinanziert hat.
Wie ist die Geschichte entstanden?
Das war ein ewiges Projekt. Es fing vor fast zehn Jahren an, als ich angeboten bekam, „Montauk“von Max Frisch zu verfilmen. Ich kannte das Buch aus der Zeit, als ich seinen Roman „Homo Faber“gemacht habe. Ich wusste, das geht nicht. Es ist ja eine sehr persönliche Geschichte, die Liebesbeziehung zwischen Max Frisch und Ingeborg Bachmann. Das kann man nicht machen. Wie soll man das besetzen?
Also ad acta?
Ja, aber dann kam so ein Nachgedanke: Wie wär's, wenn ich eine eigene Geschichte schreiben würde, angelehnt an die gleiche Situation? Ein Schriftsteller kommt mit seiner Frau oder Freundin nach New York, um sein jüngstes Buch vorzustellen, und in der Stadt lebt eine andere Frau, die einmal sehr wichtig war in seinem Leben. Der irische Autor Colm Tóibín, mit dem ich befreundet bin, hat mir dann als eine Art Hebamme geholfen, die Geschichte zu Papier zu bringen.
Trotzdem konnten Sie keinen Produzenten finden. Warum?
Jeder hat immer gesagt, das ist kein Film, das ist ein Kammerspiel – zu dialoglastig, keine Handlung. Ich hab’ dann erst einen anderen Film dazwischen gemacht und dann noch einen, und gedacht: Dann halt nicht. Bis ich der Produzentin Regina Ziegler von dem Projekt erzählt habe. Die war sofort begeistert. Sie hat stärker dran geglaubt als ich und hat mich ermutigt. Trotzdem war es noch ein langer Weg, bis wir alles zusammenhatten.
Ende gut, alles gut?
Mitnichten. Kurz vor der Ziellinie – das war genau vor einem Jahr, vor der Berlinale – dachten wir, wir müssen den für April geplanten Dreh nochmal um sechs Monate verschieben, weil wir die Finanzierung nicht zusammenhatten. Dann traf ich irgendwie zufällig Til Schweiger und erzählte ihm davon. Und er sagte mir, ohne dass wir uns kannten, per Handschlag zu: Du hast deine Finanzierung.
Wie viel Geld haben Sie gebraucht?
Insgesamt 4,7 Millionen Euro. Das ist viel für einen deutschen Film, aber wenig für einen internationalen, der in New York gedreht ist und in Montauk. Am Schluss hatte ich 23 Geldquellen und noch viel mehr Produzenten, und jeder wollte natürlich mitreden. Aber dann beim Drehen und beim Schneiden war ich völlig frei. Da hat mir schlussendlich niemand reingeredet, und wenn, hab’ ich nicht hingehört.
Kehren Sie mit Ihrem neuen Film auch ein bisschen nach New York zurück?
Gerade jetzt ist es besonders wichtig, immer wieder dort hinzufahren und zu zeigen: Es gibt ein anderes Amerika als das von diesem König Ubu. Es ist nicht die Mehrheit der Amerikaner, die diesen Mann gewählt hat. Ich bin wundergläubig. Ich glaube an das Wunder, dass Amerika Trump überleben wird. Ich glaube an das Wunder, dass wir die Flüchtlingskrise bewältigen. Und ich glaube an das Wunder, dass Frau Merkel wieder gewählt wird.
Was ist einem Oscar-Preisträger die Einladung zur Berlinale wert?
Na ja, der Oscar ist ja schon lange her. Ich finde es eine ganz große Auszeichnung, zur Berlinale eingeladen zu werden und auch noch in den Wettbewerb – vor allem, weil es so ein langer Weg war, diesen Film überhaupt zu machen. Deshalb freue ich mich sehr. Es ist ein Zeichen: Aha, du bist noch dabei!