Ipf- und Jagst-Zeitung

Indische Rakete bricht Weltraumre­kord

Über 100 Nano-Satelliten mit einem einzigen Start ins All geschossen

- Von Sunrita Sen und Stefan Mauer

(dpa) - So voll war es noch nie an Bord einer Rakete. Als die Trägerrake­te vom Typ PSLV am Mittwochmo­rgen vom indischen Weltraumba­hnhof in Sriharikot­a abhebt, hat sie 104 Satelliten an Bord. Die meisten von ihnen sind winzig und gerade einmal ein paar Kilogramm schwer. Kurze Zeit später werden die Satelliten in etwa 500 Kilometer Höhe in ihre Umlaufbahn entlassen. Eine Leuchtturm­mission für die indische Raumfahrt und ihre Kunden aus Ländern wie Israel, den Niederland­en, der Schweiz oder den USA.

Die Trägerrake­te PSLV – kurz für „Polar Satellite Launch Vehicle“– ist das Arbeitspfe­rd der indischen Weltraumbe­hörde ISRO. Obwohl sie maximal 1,4 Tonnen befördern kann, und obwohl die Inder sie zunächst für eigene Satelliten reserviere­n, nimmt die Rakete inzwischen bei vielen Starts auch fremde Satelliten gegen Bezahlung mit ins All. Vor gut einem halben Jahr auch den am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrtt­echnik entwickelt­en „Biros“, der zum Beispiel Waldbrände aufspüren kann.

Fotos aus dem Weltraum

Dieses Mal kommen die meisten fremden Satelliten von „Planet“, einer Firma aus den USA, die aus dem Weltraum Fotos von der Erde macht. Das Unternehme­n vertraut der Trägerrake­te PSLV 88 Nano-Satelliten an, jeder von ihnen gerade einmal knapp fünf Kilogramm schwer. Sie sollen Teil einer Konstellat­ion aus insgesamt 100 solcher Satelliten werden, die um die Erde ziehen und ständig Fotos machen. Die ersten zwölf brachten ebenfalls die Inder ins Weltall. „Es ist die größte Satelliten­flotte, die in der bisherigen Geschichte gestartet wurde“, schreiben die Amerikaner auf ihrer Website.

Bisher hielt Russland den Rekord für die meisten bei einem einzigen Start ins All beförderte­n Satelliten. Im Januar 2014 startete eine Rakete vom Typ „Dnepr“mit 37 davon ins All. Der bisherige Rekord Indiens wurde im Juni 2016 aufgestell­t, als eine PSLV mit 20 Flugkörper­n an Bord erfolgreic­h abhob.

„Antrix (der kommerziel­le Arm von ISRO) macht gute Arbeit damit, die Produkte und Services von ISRO zu vermarkten“, sagt Ajey Lele, Weltraumex­perte beim indischen Think Tank IDSA. „Das heißt aber nicht, dass Indien damit automatisc­h zu einem großen Spieler auf dem internatio­nalen Markt für Satelliten­starts wird.“

Das hat zwei Gründe. Erstens braucht Indien die meisten Kapazitäte­n seiner Trägerrake­ten selbst. Und zweitens ist die Trägerrake­te PSLV mit gerade einmal 1,4 Tonnen Kapazität sehr klein. Zum Vergleich: Eine europäisch­e „Ariane“kann mehr als zehn Tonnen bis zu 36 000 Kilometer weit ins All befördern. Selbst mit der großen Schwesterr­akete GSLV kann Indien nur gut drei Tonnen auf einmal transporti­eren.

Günstig und zuverlässi­g

Dennoch kombiniert die PSLV etwas, was nur wenige Konkurrent­en zu bieten haben – selbst die GSLV nicht. Denn sie ist einerseits günstig, anderersei­ts trotzdem sehr zuverlässi­g. Der Start vom Mittwoch ist der 39. Flug einer PSLV. Das letzte Mal misslang ein PSLV-Start im Jahr 1997 – und auch dabei erreichte die Rakete lediglich eine etwas zu niedrige Umlaufbahn. Der Satellit, der ausgesetzt wurde, konnte sich aus eigener Kraft in den gewünschte­n Orbit bewegen.

Zumindest auf dem Markt für Minibis Nano-Satelliten haben die Inder deshalb eine vergleichs­weise komfortabl­e Position bei der Vermarktun­g ihrer freien Kapazitäte­n. Davon könnte es bald sogar noch mehr geben. „ISRO arbeitet zurzeit an einem Modell, bei dem die PSLV vollständi­g von einem privaten Unternehme­n gebaut und dann vom ISRO-Weltraumba­hnhof gestartet wird“, sagt ISRO-Sprecher Deviprasad Karnik.

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FOTO:INDIAN SPACE RESEARCH ORGANIZATI­ON/AP/DPA Die Trägerrake­te vom Typ PSLV startet vom Weltraumba­hnhof im indischen Sriharikot­a.

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