EuGH urteilt über Brustimplantate
Sind auch Prüfstellen wie der TÜV haftbar?
(dpa) - Im Skandal um gefährliche Silikon-Brustimplantate steht ein wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bevor. Die EU-Richter sollen heute entscheiden, ob auch Prüfstellen wie der TÜV gegenüber Patienten haftbar sein können – und somit unter bestimmten Voraussetzungen zu Schadenersatzzahlungen verpflichtet werden können.
Der TÜV Rheinland überwachte jahrelang das Qualitätssicherungssystem des französischen Implantatherstellers Poly Implant Prothèse (PIP) und bemerkte nicht, dass die Firma die Kissen über Jahre mit billigem Industriesilikon füllte. Die Implantate waren extrem reißanfällig. Weltweit waren Hunderttausende Frauen betroffen, allein in Deutschland bekamen schätzungsweise 5000 Frauen die minderwertigen Implantate eingesetzt.
Hinter dem Verfahren am EuGH steckt die Klage einer Frau aus der Vorderpfalz. Sie fordert vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe 40 000 Euro Schmerzensgeld vom TÜV Rheinland. Ihre PIP-Brustimplantate ließ sie sich 2012 auf ärztlichen Rat entnehmen. Vor Gericht argumentiert sie: Mit unangekündigten Kontrollen und Prüfungen der Implantate hätte der Prüfverein dem Pfusch bei PIP auf die Schliche kommen können.
Der TÜV Rheinland führte nach Angaben einer EU-Gutachterin nur angekündigte Kontrollen in den Betriebsstätten durch, die Implantate selbst prüfte er nicht. Damit habe man im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen gehandelt, argumentierte der Verein in einer früheren Stellungnahme. Bislang sahen das auch deutsche Richter so: Der TÜV Rheinland wurde nach eigenen Angaben in Dutzenden Verfahren hierzulande noch nie schuldig gesprochen.
Die Frau aus der Vorderpfalz scheiterte vor zwei Gerichten mit ihrer Klage. Der BGH hat nun die EURichter um Klärung gebeten, wie die relevante europäische Richtlinie auszulegen ist.
Deren Urteil könnte auch Einfluss auf ein Verfahren in Frankreich haben. Dort wurde der TÜV im Januar zu Schadenersatzzahlungen in Höhe von rund 60 Millionen Euro verurteilt. Geklagt hatten 20 000 Frauen. Der TÜV legte Berufung ein.