Ipf- und Jagst-Zeitung

Dominante Verlierer

Borussia Dortmund beklagt nach dem 0:1 in Lissabon seine Abschlusss­chwäche, Torjäger Aubameyang wird zur tragischen Figur

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(SID/dpa) - Pierre-Emerick Aubameyang zog seine schwarze Wollmütze tief ins Gesicht und senkte den Blick auf den Betonboden. „I don't want to speak.“Kein Wort des Torjägers von Borussia Dortmund über ein kurioses Champions-League-Spiel, das er im Alleingang hätte entscheide­n müssen. Der Gabuner verschwand so schnell aus dem Stadion des Lichts in die Nacht von Lissabon, dass nur noch sein leuchtend schriller Neon-Rucksack zu sehen war.

Der beste Torschütze der Bundesliga (17 Treffer) hatte einen Handelfmet­er (58.) verschosse­n und zweimal allein vor Benfica-Torhüter Ederson die Nerven verloren. Die Mitspieler bauten ihren Kollegen nach dem 0:1 (0:0) mit warmen Worten auf – Sportdirek­tor Michael Zorc allerdings legte die Hand in die Wunde: „Wir schießen viel zu wenig Tore, das Problem haben wir schon ein paar Wochen länger. Wir haben Hertha BSC im Pokal unnötig lange am Leben gelassen. Wir hätten RB Leipzig 5:0 abschießen müssen. Wir hätten in Bremen höher gewinnen müssen.“Und, natürlich: „Auba hätte diesmal allein drei Dinger machen müssen.“

Erst später am Mittwoch meldete sich Aubameyang selbst zu Wort. „Es tut mir leid, ich hatte einen rabenschwa­rzen Tag. Ich hatte aufgrund des Afrika-Cups eine komplizier­te Vorbereitu­ng und bin nicht ganz fit. Ich kann meine Auswechslu­ng absolut verstehen“, zitierte „Sport Bild“den Angreifer. Aber die Mitspieler nahmen den Gabuner durch die Bank in Schutz.

Zorcs Forderung („Wir brauchen noch mehr Konsequenz und Willen“) gab den Weg bei der Borussia vor. Auch Innenverte­idiger Sokratis sprach von einem Achtelfina­l-Hinspiel, das „4:0 oder 5:1“für den BVB hätte ausgehen müssen. „Von zehn solcher Spiele gewinnst du neuneinhal­b“, klagte der Grieche, „es wäre sehr schlecht, wenn wir nicht die nächste Runde erreichen würden.“

Der Sprung ins Viertelfin­ale ist gefährdet, weil der BVB trotz 9:1 Torchancen, bester Kombinatio­nen und Souveränit­ät in der Abwehr das wichtigste vergaß: zu treffen. „Es war eine außergewöh­nlich gute Leistung“, sagte Trainer Thomas Tuchel. „Das geht nur im Fußball, so gut zu spielen und trotzdem als Verlierer vom Platz zu gehen.“Da es darauf aber nun mal ankommt im Fußball, wird das Rückspiel am 8. März höchst knifflig. „Wahrschein­lich denkt Benfica auch noch, sie hätten gut gespielt“, sagte Torhüter Roman Bürki säuerlich. Wie Sokratis gab er sich „zu 100 Prozent überzeugt“, das Ergebnis zu drehen. Die Abschlusss­chwäche hinderte niemanden daran, die in der Tat gute Leistung als angemessen­e Reaktion auf die 1:2Blamage bei Darmstadt 98 drei Tage zuvor zu werten. Nur die Freude darüber blieb aus.

Aubameyang bekam dennoch keine Vorwürfe zu hören. „Er hat uns schon so oft in wichtigen Spielen den Arsch gerettet“, sagte Bürki: „Beim nächsten Mal schießt er dann eben zwei oder drei Tore.“

Der kümmerlich­e Elfmetersc­huss, den wohl auch ein achtlos abgestellt­er Medizinkof­fer pariert hätte, soll keine Konsequenz­en nach sich ziehen. „Ich werde mich nie in die Rangordnun­g beim Elfmetersc­hießen einmischen. Damit würde ich den kompletten Druck auf denjenigen legen, den ich bestimme“, sagte Tuchel. Die prompte Auswechslu­ng des Stürmers habe „rein sportliche Gründe“gehabt: „Das war keine erzieheris­che Maßnahme. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er ein Problem mit meiner Entscheidu­ng hat.“Der Torjäger habe nach seiner Rückkehr vom Afrika-Cup „körperlich­en Rückstand“. Tuchel tröstete sich mit der Zukunft: „Wenn für irgendeine Situation das Rückspiel erfunden wurde, dann für diese.“

Für Ärger beim BVB sorgten auch die Probleme bei der Einlasskon­trolle vor dem Stadion. Hunderte der 3500 mitgereist­en BVB-Fans kamen verspätet ins Stadion. Die Fanabteilu­ng der Borussia berichtete von rigorosem Vorgehen der Polizei im dichten Gedränge, bei dem ein Fanvertret­er verletzt worden sei. Zuvor waren fünf BVB-Anhänger festgenomm­en werden, die Pyros bei sich trugen.

ZIS fordert Stadionver­bote: Die 88 Hooligans des BVB, die am Samstag auf dem Weg zum Spiel in Darmstadt aufgehalte­n und zurückgesc­hickt wurden, sollen laut der Zentralen Informatio­nsstelle Sporteinsä­tze mit einem bundesweit­en Stadionver­bot belegt werden. Eine entspreche­nde Empfehlung gab die ZIS dem Deutschen Fußball-Bund. Bei den mutmaßlich­en Gewalttäte­rn waren Pyrotechni­k, Sturmhaube­n, Kampfsport­handschuhe und Wechselkle­idung sichergest­ellt worden.

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FOTO: DPA Es gibt Tage, da klappt gar nichts: Egal, wie günstig Pierre-Emerick Aubameyang in Lissabon zum Tor stand, er traf nicht.

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