Bärendienst für die Integration
Es spricht am Samstag in Oberhausen der Ministerpräsident eines Nato-Partnerstaates, eines EU-Beitrittskandidaten mit langjährigen tiefen Beziehungen zu Deutschland.
Es spricht der Ministerpräsident eines Staates, in dem der Verdacht einer Sympathie für den Prediger Fethullah Gülen ausreicht, um entlassen oder verhaftet zu werden. Ein Land, in dem kritische Richter und Medien ausgeschaltet werden. In dem Krieg herrscht zwischen dem Staat und seinen kurdischen Bürgern.
Es spricht der Repräsentant eines Staates, auf den die Bundesregierung angewiesen ist. Im Wahljahr 2017 muss sie zeigen, dass sie das Flüchtlingsthema im Griff hat. Dazu braucht sie den Deal mit Ankara – und damit Binali Yildirim.
Unabhängig davon sind die Forderungen einzelner Politiker, Yildirims Auftritt zu verhindern, fragwürdig. Wie soll das gehen? Es handelt sich um eine private Veranstaltung, ein Verbot dürfte einer juristischen Prüfung nicht standhalten. Es wäre zudem Ausdruck jener illiberalen Haltung, die man der türkischen Regierung vorwirft.
Yildirim wird also sprechen und damit die hiesige türkische Gemeinschaft weiter spalten. Dass innertürkische Konflikte nicht nach Deutschland getragen werden sollen, ist ohnehin ein frommer Wunsch. Die Konflikte sind längst hier. Davon zeugt die Gewalt zwischen Kurden und Türken bei Demonstrationen wie zuletzt Anfang des Monats in Bruchsal, davon zeugt der Druck auf Gülen-Anhänger, verstärkt von türkischen Konsulaten und vom Moschee-Dachverband Ditib. Erdogan-kritische Türken berichten davon, dass sie Ditib-Moscheen meiden, weil dort Regierungspropaganda verkündet wird. Solange das so ist, ist Ditib kein Partner für islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen.
Der Termin in Oberhausen wird Bilder Fahnen schwenkender AKPFans produzieren, wie man sie von Erdogan-Auftritten kennt. Damit erweist Binali Yildirim der Integration der Türken in Deutschland einen Bärendienst. Und genau das dürfte seine Absicht sein. u.mendelin@schwaebische.de