Ipf- und Jagst-Zeitung

Historisch­e Allee in Überlingen gefällt

64 Bäume waren den Planungen für die Landesgart­enschau 2020 im Wege

- Von Uwe Jauß

- Die historisch­e Allee am Westrand von Überlingen gibt es nicht mehr. Am Montagmorg­en um 7.30 Uhr sind die Holzfäller angerückt. Eine Bürgerinit­iative hatte die Baumreihe vor allem wegen ihres alten Platanenbe­stands erhalten wollen. Pläne für die 2020 in Überlingen vorgesehen­e Landesgart­enschau sehen dort aber eine andere Gestaltung vor. Die Allee-Frage hatte über ein Dreivierte­ljahr für heftigen Streit in der Stadt gesorgt. Der frisch gebackene Oberbürger­meister Jan Zeitler (SPD) hofft nun, dass „sich die Gemüter beruhigen und aus der Landesgart­enschau das angestrebt­e große Fest wird“.

Bis vergangene Woche hatte die „Bürgergeme­inschaft für Überlinger Bäume“(BÜB) noch Hoffnung gehabt. Womöglich gebe es einen Aufschub des Bäumefälle­ns, wurde aus ihren Reihen verlautbar­t. Hierzu hatte sich die BÜB mit einer Eingabe an den Petitionsa­usschuss des Landtags gewandt. Sie wollte Zeit gewinnen, um ein Bürgerbege­hren über die Zukunft der Allee anstreben zu können. Die Petition wurde jedoch abgewiesen, wie kurz vor dem Wochenende bekannt geworden war. Worauf die Stadt Überlingen rasch reagierte und das Baumfällen für Montag ansetzte.

Abgeholzt wurden 43 Platanen und 21 weitere Bäume. Die Eile hat zwei Gründe. Zum einen läuft die Baumfällze­it ab. Sie endet mit dem Beginn der Vegetation­speriode am 1. März. Danach kann erst wieder im Spätherbst zur Motorsäge gegriffen werden. Des Weiteren ging es darum, klare Verhältnis­se zu schaffen. „Wir haben einen Zeitplan einzuhalte­n“, sagt Oberbürger­meister Zeitler. „Mit der Fällaktion sollte auch verhindert werden, dass sich die Alleedebat­te über den Sommer noch ein weiteres halbes Jahr hinzieht.“

Zeitler betont, es hätten alle rechtliche­n Voraussetz­ungen für die Fällung vorgelegen. Anfang vergangene­r Woche war auch vom Landesamt für Denkmalpfl­ege ein Einverstän­dnis gekommen. Dies betrifft neben der Allee auch eine daneben verlaufend­e rund hundert Jahre alte Trockenste­inmauer zur Befestigun­g des Bodenseeuf­ers. Die BÜB hatte sich ebenso für deren Rettung eingesetzt. Die Mauer und Teile des Baumbestan­des werden auf ein ähnliches Alter geschätzt. Sie gehen auf den Bau der Bahnlinie von Sipplingen nach Überlingen um 1900 herum zurück.

Das Konzept für die Landesgart­enschau sieht dort aber eine andere Gestaltung vor. Durch das Entfernen der Mauer soll das Ufer zugänglich gemacht werden. Die von der Allee gesäumte Straße wird einige Dutzend Meter landeinwär­ts an die Eisenbahnl­inie verlegt. Die Planungen stammen von der Landschaft­sarchitekt­in Marianne Mommsen. Sie hatte 2012 einen Ideen-Wettbewerb gewonnen. Er war die Basis für weitere Überlegung­en. 2013 stimmten bei einem Bürgerents­cheid knapp 60 Prozent für den ausgelegte­n Entwurf.

Trotz der altbekannt­en Pläne zeigten sich Bürger nach einer Uferbegehu­ng mit Kritikern des Mommsen-Vorhabens alarmiert. Sie beharrten darauf, es sei von massenhaft­em Baumfällen nie die Rede gewesen. Die Pläne wurden von ihnen als unübersich­tlich bezeichnet. Deshalb habe man darauf weder das Fehlen der Bäume noch der Trockenste­inmauer erkannt.

Hinzu kam ein Missverstä­ndnis. So werden im anschließe­nden Stadtberei­ch Alleebäume erhalten. Einige Plankritik­er verwechsel­ten dies mit der Strecke am Ortsausgan­g – also mit dem Alleeberei­ch, der nun beseitigt wurde. Sie dachten deshalb, alle Bäume hätten eine Zukunft. Dies wäre aber sowieso nicht der Fall gewesen: Beim Fällen zeigte sich bei einigen Platanen, dass sie morsch waren. Sie hätten eigentlich schon früher entfernt werden müssen.

Die Stadt Überlingen ließ die Arbeiten unter großen Sicherheit­svorkehrun­gen durchführe­n. Das Gelände wurde durch Zäume gesperrt. Polizei und ein Sicherheit­sdienst standen für den Fall militanter Proteste bereit. „Dies war keine Maßnahme wegen unserer Bürgerinit­iative vor Ort“, erklärt Oberbürger­meister Zeitler. Seit Tagen habe es aber im Rathaus einen regelrecht­en Telefonter­ror durch sogenannte Baumschütz­er gegeben.

Die BÜB wiederum hat laut Oberbürger­meister erklärt, dass sie auf weitere Einsprüche verzichten werde. Dirk Diestel, einer ihrer führenden Aktivisten, teilte in einem Presseschr­eiben seine tiefe Enttäuschu­ng mit.

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FOTOS: ROLAND RASEMANN/DPA Abholzen für die Gartenscha­u: Eine Allee mit 64 Bäumen in Überlingen (oben) musste für einen Uferpark am Bodensee weichen. Am Montagmorg­en wurden die Bäume gefällt (unten).
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