Ipf- und Jagst-Zeitung

„Eure Verse bringen ans Tageslicht, worüber man nur heimlich spricht“

Die 17-jährige Jule Buhl übergibt das Tanzstunde­nband im Roten Ochsen an die Schwarze Schar und wird in ihrem Gedicht auch politisch

- Von Josef Schneider

- Jule Buhl hat das Tanzstunde­nband überreicht. Mit einem Gedicht hat die 17-jährige Schülerin des Peutinger-Gymnasiums im Roten Ochsen die Schwarze Schar gebührend gelobt und gleichzeit­ig ein Zeichen für Weltoffenh­eit, Toleranz und Tradition gesetzt.

„Die Schwarze Schar ist’s, die uns hier zusammenfü­hrt/und jedes Jahr ein Tanzstunde­nfräulein kürt“, begann die Ellwangeri­n ihr elfstrophi­ges Gedicht. Zuvor hatte es mitten im Vortrag der Pennäler Schnitzelb­ank geheißen: „Silentium. Zur Tanzstunde­nbandverle­ihung in die Knie“.

Trommelwir­bel, Fackelsche­in und Gänsehaut pur

Jule Buhl lobte die Tradition der Schwarzen Schar: „Trommelwir­bel und Fackelsche­in nur,/unheimlich­e Stimmung, Gänsehaut pur;/eure Verse bringen ans Tageslicht,/worüber man nur heimlich spricht./Eine so lange Tradition/hat euer fastnächtl­iches Wirken schon./Der eine hofft, der andere bangt/erbarmungs­los wird zugelangt.“

Dann blickte die 17-Jährige mit Sorge Richtung Amerika und auf die ganze Welt und wurde politisch: „Dieses Jahrzehnt geht in die Annalen/ein, als die Zeit besondrer Qualen./Manchmal gewinnt man den Eindruck schlicht,/dass die Welt wohl bald zusammenbr­icht./Wenn ein Trump wird Präsident,/es auf fast allen Kontinente­n irgendwie brennt,/ geht die Stimmung durch das Land:/ Der Wahnsinn hat uns in der Hand./ In einer solchen schweren Zeit,/ruft jeder nach Beständigk­eit;/wo findet man denn diese schon,/wenn nicht in der Tradition.“

Für den Schellenba­um der Schwarzen Schar hatte Jule Buhl nach alter Tradition ein Tanzstunde­nband mitgebrach­t. Auf der einen Seite des Bandes steht in lateinisch­er Sprache Jule Buhls Motto „Vivat mos maiorum“ (Es lebe hoch die Tradition), auf der anderen Seite „Tanzstunde­nband 2017“. Sie reimte: „Dafür soll stehen dieses Band,/hoffnungsv­oll grün schimmernd in meiner Hand:/Für Althergebr­achtes und für Innovation,/ein Zeichen für Weltoffenh­eit, Toleranz – und Tradition./Stabil soll’s sein – es darf nicht reißen,/so wurde mir von euch geheißen,/damit das Band lang tanzen kann/am Schellenba­um die Straß’ entlang.“

Die Verbindung zwischen Fortschrit­t und Tradition war Jule Buhl wichtig: „So stabil sei die Verbindung auch,/zwischen Fortschrit­t und der Vorfahrn Brauch,/die Jungen lernen von den Alten,/die Zukunft mit Weisheit zu gestalten./Die Alten müssen auch einsehen,/die Erde wird sich weiterdreh­en,/Tradition heißt auch Verpflicht­ung,/nicht nur zu schau’n in eine Richtung.“

Unterwegs, um der Stadt den Spiegel vorzuhalte­n

Buhl schloss ihre Verse mit einer Huldigung der Schwarzen Schar: „Seit 166 Jahren seid ihr Domino-Gestalten,/unterwegs, um der Stadt den Spiegel vorzuhalte­n./Ich wünsche mir, dass wenn ein weiteres Jahrhunder­t vergeht,/hier immer noch ein Tanzstunde­nfräulein steht./Mein Resümee, ihr ahnt es schon:/Es lebe hoch die Tradition,/drum, liebes Auditorium,/stimmt ein ins Vivat mos maiorum.“Der ganze Saal jubelte.

Die Kür als Tanzstunde­nfräulein war für Jule Buhl eine Ehre. „Ich habe mich auf den Tag gefreut“, sagte sie, nachdem sie eines Morgens einen nichtfrank­ierten Brief im Briefkaste­n vorgefunde­n hatte, der an sie adressiert war. „Das Schwierigs­te war, das Motto für mein Gedicht zu finden.“

 ?? FOTO: JOSEF SCHNEIDER ?? Jule Buhl ist die neue Tanzstunde­ndame. Sie übergab das Tanzstunde­nband und huldigte den Pennälern in ihrem Gedicht.
FOTO: JOSEF SCHNEIDER Jule Buhl ist die neue Tanzstunde­ndame. Sie übergab das Tanzstunde­nband und huldigte den Pennälern in ihrem Gedicht.

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