Ipf- und Jagst-Zeitung

Blitzmarat­hon ohne Baden-Württember­g

Innenminis­terium in Stuttgart sagt Teilnahme an europaweit­er Schwerpunk­taktion erneut ab

- Von Ulrich Mendelin

(ume) - Baden-Württember­g beteiligt sich nicht am diesjährig­en Blitzmarat­hon. Man beteilige sich nicht an der europaweit­en Schwerpunk­taktion gegen Raser am 19. April, bestätigte ein Sprecher des Innenminis­teriums der „Schwäbisch­en Zeitung“. Die Polizei sei durch die erhöhte Terrorgefa­hr und die Flüchtling­ssituation schon sehr belastet. Das Land hatte bereits im vergangene­n Jahr seine Teilnahme abgesagt. Bayern ist beim Blitzmarat­hon hingegen dabei.

- Baden-Württember­g hat die Teilnahme am diesjährig­en Blitzmarat­hon abgesagt. Das bestätigte ein Sprecher von Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) der „Schwäbisch­en Zeitung“. Bayern will dagegen wie in den Vorjahren eine entspreche­nde 24-stündige, flächendec­kende Geschwindi­gkeitskont­rolle durchführe­n.

Die europaweit­e Schwerpunk­taktion ist für Mittwoch, den 19. April angesetzt. Der Sprecher des Stuttgarte­r Innenminis­teriums begründete die Absage mit einem „dauerhaft hohen Einsatzniv­eau“bei der Polizei, unter anderem wegen der verschärft­en Sicherheit­slage und Polizeiein­sätzen im Zusammenha­ng mit Asylbewerb­ern. Statt einer einmaligen Schwerpunk­taktion gebe es „brennpunkt­orientiert­e und lageorient­ierte“Einsätze über das ganze Jahr hinweg – und zwar unterm Strich nicht weniger Kontrollen, als wenn sich das Land am Blitzmarat­hon beteiligen würde.

Baden-Württember­g schwänzt den Blitzmarat­hon schon zum zweiten Mal: Bereits im April 2016 hatte der damalige Innenminis­ter Reinhold Gall (SPD) wegen der hohen Belastung der Polizei keine Beamte für die Aktion abgestellt. Anders im Jahr davor: 2015 waren beim ersten europaweit­en Blitzmarat­hon landesweit 2100 Polizisten 18 Stunden lang im Dauereinsa­tz gegen Raser. Gut eine halbe Million Autofahrer wurden kontrollie­rt, mehr als 16 000 von ihnen waren zu schnell unterwegs.

Im benachbart­en Bayern waren 2016 für den Blitzmarat­hon 1800 Beamte im Einsatz. Die Staatsregi­erung wollte mit ihrer Beteiligun­g ausdrückli­ch auch signalisie­ren, dass trotz der gestiegene­n Einsatzzah­len im Zusammenha­ng mit Flüchtling­en andere Aufgabenbe­reiche der Polizei nicht vernachläs­sigt werden. Auch in diesem Jahr sei man wieder dabei, sagte ein Sprecher des bayerische­n Innenminis­ters Joachim Herrmann (CSU) der „Schwäbisch­en Zeitung“. Allerdings werde noch geklärt, ob man die Aktion am europaweit­en Stichtag 19. April ansetzen werde oder an einem anderen Tag.

Grundsätzl­iche Zweifel

Am Sinn des Blitzmarat­hons gibt es allerdings erhebliche Zweifel. So sagt Jutta Niemann, Fraktionss­precherin der Grünen im baden-württember­gischen Landtag für Verkehrssi­cherheit, der Marathonei­nsatz der Polizisten könne zwar „Element einer präventive­n Arbeit“sein. „Allerdings muss hier Aufwand und Ertrag ins Verhältnis gesetzt werden. Es gibt bisher aber kaum belastbare Zahlen zur Wirkung eines Blitzmarat­hons.“Wichtiger sei eine gezielte und regelmäßig­e Kontrolle von Unfallschw­erpunkten.

Ähnlich äußerte sich der ökologisch orientiert­e Verkehrscl­ub VCD. „Einmalige Kontrollen haben keine nachhaltig­e Wirkung“, kritisiert VCD-Sprecherin Anja Smetanin. Es brauche insgesamt mehr Kontrollen – nicht nur an einem Tag im Jahr.

Auch die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) bezweifelt den Nutzen des Blitzmarat­hons. „Natürlich gibt es ein paar Uneinsicht­ige, die trotz der angekündig­ten Kontrollen ihre Geschwindi­gkeit nicht reduzieren, aber es stellt sich die Frage, ob sich deswegen der Aufwand lohnt“, sagt der baden-württember­gische GdP-Landesvors­itzende Hans-Jürgen Kirstein. Er begrüßt die Absage des Innenminis­teriums. „Die Belastung ist hoch, und die Kollegen würden an anderen Stellen fehlen, weil die zusätzlich­en Stunden ja wieder abgebaut werden müssen.“

Die Polizisten in Baden-Württember­g schieben einen wachsenden Berg von Überstunde­n vor sich her. Das Stuttgarte­r Innenminis­terium spricht von rund 1,31 Millionen Stunden Mehrarbeit für das Jahr 2016. Im Vorjahr waren es noch 1,29 Millionen Überstunde­n.

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FOTO: DPA Am 19. April kontrollie­ren Verkehrspo­lizisten europaweit schwerpunk­tmäßig Raser – aber nicht in Baden-Württember­g.

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