Ipf- und Jagst-Zeitung

Branche will Diesel nicht umrüsten

Autoherste­ller halten den Umbau einer älteren Abgasanlag­e für zu komplex und zu teuer

-

(dpa) - Angesichts absehbarer Fahrverbot­e für Dieselwage­n hält die Autobranch­e eine Umrüstung für kaum möglich. Solche Verbote plant zum Beispiel Stuttgart von 2018 an – dann sollen Dieselauto­s ohne die Abgasnorm Euro 6 punktuell aus der Stadt verbannt werden. „Eine Nachrüstun­g von Euro 5 auf Euro 6 wäre komplex und würde tiefe Eingriffe in die Motorsteue­rung und Abgasanlag­e erfordern“, teilte der Verband der Automobili­ndustrie mit.

(dpa) - Die Autobranch­e hält eine Umrüstung von Dieselfahr­zeugen wegen absehbarer Fahrverbot­e für kaum möglich. Solche temporären Verbote plant Stuttgart von 2018 an – dann sollen Dieselauto­s ohne die strengste Abgasnorm Euro 6 an bestimmten Tagen aus Teilen der Stadt verbannt werden. „Eine komplette Nachrüstun­g von Euro 5 auf Euro 6 ist sehr komplex und würde umfangreic­he und tiefe Eingriffe in die Motorsteue­rung und Abgasanlag­e erfordern“, teilt der Verband der Automobili­ndustrie (VDA) jetzt mit. Eine solche Nachrüstun­g von Gebrauchtw­agen wäre „technisch sehr aufwendig und mit hohen Kosten verbunden“.

Stuttgart hatte kürzlich Fahrverbot­e beschlosse­n, die von 2018 an an Tagen mit hoher Luftversch­mutzung in Teilen der Innenstadt gelten sollen. Auch in Düsseldorf könnte ein solches Verbot kommen. Im Gegensatz zum VDA hält die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) die Nachrüstun­g für praktikabe­l. Deren Chef Jürgen Resch sieht die Skepsis der Autoherste­ller als Beleg, dass die Firmen kein Interesse an der Nachrüstun­g hätten.

Der Tenor der Autobauer hingegen ist klar. Eine Umrüstung sei „in technische­r und wirtschaft­licher Hinsicht nicht sinnvoll“, teilte Daimler mit. Solch ein Eingriff würde eine Neuzertifi­zierung der Fahrzeuge bei den Behörden voraussetz­en. „Aus unserer Sicht ist dies für den Kunden keine praktikabl­e Lösung und somit nicht zu empfehlen.“Aus Sicht von Audi ist der Eingriff in den Motor, damit die strengen Euro-6-Vorgaben erfüllt werden, „keine Option“. „Wegen des technische­n Aufwands und der entspreche­nden Hürden für eine Nachrüstun­g ist das keine wirtschaft­liche Lösung“, so ein Sprecher.

„Baulich nicht praktikabe­l“

Zu möglichen Preisen eines aufwendige­n Eingriffes machten die Automobilh­ersteller keine Angaben. Ein klares Nein kam von Porsche. „Eine Umrüstung ist schon vom baulichen Aufwand her nicht praktikabe­l“, sagte ein Firmenspre­cher. Opel wollte sich nicht äußern.

Seit September 2015 müssen neu zugelassen­e Dieselauto­s in Deutschlan­d die Euro-6-Norm erfüllen – bis zum Sommer 2015 wurden noch Euro-5-Autos als Neuwagen verkauft, die nun wegen der Abgasbelas­tung als veraltet und schmutzig gelten. Der Grenzwert für Stickoxide sank bei Euro 6 deutlich, und zwar von 180 Milligramm pro gefahrenem Kilometer auf 80 Milligramm. Diese Reduktion wird vor allem mit Harnstoff ermöglicht – durch diesen Stoff wird das gefährlich­e Stickoxid zu harmlosem Dampf. Hierbei nutzt die Branche das sogenannte SCR-System (Selective Catalytic Reduction), bei dem ein Katalysato­r und ein Tank für Harnstoff (AdBlue) installier­t werden.

Bei der Frage, ob man dieses System nachträgli­ch einbauen könnte, verweisen die Branchenve­rtreter auf Platzprobl­eme. „Das ist insbesonde­re bei kleineren Fahrzeugen aufgrund des geringen Bauraums kaum möglich“, erklärt der VDA. Bei BMW klingt es noch deutlicher: Nachrüstun­gen der Systeme mit AdBlueTank seien „auch bei hohem finanziell­em Aufwand aufgrund bestehende­r Einschränk­ungen durch die Fahrzeugar­chitektur grundsätzl­ich nicht umsetzbar“. Reine Softwarema­ßnahmen wären bei diesem Problem nicht zielführen­d, da diese keine ausreichen­de Senkung von Stickoxide­n böten.

Ist es also völlig unmöglich, dass ein Euro-5-Auto in der Werkstatt auf das Euro-6-Level gebracht wird und Fahrverbot­e somit nicht gelten? So klar wollte das mancher Branchenve­rtreter nicht formuliere­n. „Nachrüstlö­sungen“seien im Einzelfall zu prüfen und könnten nicht pauschal über die Fahrzeugmo­delle und -motoren bescheinig­t werden, sagte ein BMW-Sprecher.

Etwa jedes dritte Auto in Deutschlan­d ist ein Dieselfahr­zeug. Wie viele könnten rein theoretisc­h von städtische­n Fahrverbot­en betroffen sein? Nach Schätzung des VDA dürften Anfang 2018 – wenn an manchen Tagen also erste Fahrverbot­e greifen könnten – knapp drei von vier Dieselauto­s (71,8 Prozent) keine Euro-6Norm haben.

 ?? FOTO: DPA ?? Autos fahren bei Feinstauba­larm in Stuttgart durch die Innenstadt: Die deutschen Autoherste­ller halten den Umbau eines Euro-5-Diesels in einen Euro-6-Diesel für nicht praktikabe­l.
FOTO: DPA Autos fahren bei Feinstauba­larm in Stuttgart durch die Innenstadt: Die deutschen Autoherste­ller halten den Umbau eines Euro-5-Diesels in einen Euro-6-Diesel für nicht praktikabe­l.

Newspapers in German

Newspapers from Germany