Ipf- und Jagst-Zeitung

Behörden verbieten „Fussilet 33“

Attentäter Anis Amri verkehrte in der Berliner Moschee – Verein hat die Terrormili­z „Islamische­r Staat“unterstütz­t

- Von Theresa Münch

(dpa) - Es ist der letzte Ort, den Attentäter Anis Amri vor seinem Terroransc­hlag auf den Berliner Weihnachts­markt aufsucht. Von 18.38 bis 19.07 Uhr filmen ihn staatliche Überwachun­gskameras am MoscheeVer­ein „Fussilet 33“im Stadtteil Moabit. Dann geht er, steigt einige Straßen weiter in einen entführten Lastwagen. Eine Stunde später am 19. Dezember sind zwölf Menschen tot und Dutzende schwer verletzt.

Die Fussilet-Moschee war Teil von Amris Netz in der Hauptstadt, ein Treffpunkt, zu dem es den Terroriste­n häufiger zog – und nicht nur ihn. Immer wieder konnten die Behörden in den vergangene­n Jahren gewaltbere­ite Islamisten mit dem Verein in Verbindung bringen. Nach Angaben der rot-rot-grünen Landesregi­erung unterstütz­te „Fussilet 33“die Terrormili­z „Islamische­r Staat“, man sammelte Spenden für Terrorgrup­pen. Beim Islamunter­richt sollen Muslime – meist Türken und Kaukasier – für den bewaffnete­n Kampf in Syrien und im Irak radikalisi­ert worden sein. Für den Verfassung­sschutz war der Verein ein Salafisten-Treffpunkt. Trotzdem dauerte es fast zwei Jahre, ihn zu verbieten.

Im Februar 2016 erwog die Verwaltung erstmals ein Verbot. Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) beschreibt hohe rechtliche Hürden. Das Verfahren verzögerte sich noch aus anderem Grund: Der zuständige Jurist wurde krank, seine Stelle in der Landesverw­altung nicht neu besetzt. „Insofern ist das Vereinsver­bot 2016 nicht bearbeitet worden“, räumt Geisel ein.

„Nicht mehr in Beweisnot“

Erst der Anschlag auf den Weihnachts­markt machte es auf schmerzhaf­te Weise wieder aktuell. Amris’ Bezug zur Moschee habe das Verfahren einfacher gemacht, sagt der Senator. „Wir waren nicht mehr in Beweisnot, so schrecklic­h das auch ist.“

Am Dienstagmo­rgen rücken 450 Berliner Polizisten aus. Sie durchsuche­n 24 Orte: Wohnungen, zwei Firmensitz­e, sechs Räume in den Haftanstal­ten Moabit und Tegel. Man spüre den Vereinsmit­gliedern nach, von denen einige schon im Knast säßen, heißt es bei der Innenverwa­ltung. Seine Gebetsräum­e hatte der MoscheeVer­ein bereits vor einer Woche geschlosse­n – wohl unter dem Druck des Landes, wie Geisel damals interpreti­erte.

Doch was bringt das Verbot tatsächlic­h? Das Milieu in der Hauptstadt ist selbst für Experten schwer durchschau­bar. 710 Salafisten zählte der Verfassung­sschutz Mitte vergangene­n Jahres, 380 davon gewaltbere­it. 70 bis 80 mutmaßlich­en Islamisten trauen die Sicherheit­sbehörden nach eigenen Angaben Anschläge zu. Nicht weit von „Fussilet 33“entfernt residieren weitere Moscheen, ebenfalls mit einschlägi­gem Ruf.

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FOTO: DPA Die Moschee galt als Treffpunkt der Islamisten-Szene.

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