Ipf- und Jagst-Zeitung

„Die Möglichkei­ten sind gering“

-

- Die Bundesregi­erung hat im Fall Yücel kaum Handlungss­pielraum. Das sagt Helmut Aust (Foto: Privat), Professor für Staats- und Völkerrech­t an der Freien Universitä­t Berlin, im Gespräch mit Daniel Hadrys.

Die türkischen Behörden bezeichnen Deniz Yücel, der die deutsche und die türkische Staatsbürg­erschaft besitzt, als „einheimisc­hen Journalist­en“. Ist das rechtens?

Grundsätzl­ich schon. Das entbindet sie aber nicht von der Pflicht, die Rechte zu respektier­en, die Herr Yücel nach türkischem Recht und nach völkerrech­tlichen Menschenre­chtsabkomm­en hat. Die Bundesregi­erung könnte konsularis­chen Schutz ausüben, was bei „Doppelstaa­tlern“aber schwierig ist. Denn die türkischen Behörden müssten dafür akzeptiere­n, dass Yücels deutsche Staatsange­hörigkeit die vorherrsch­ende ist, weil sein Lebensmitt­elpunkt in Deutschlan­d liegt.

Wie kann dieser Schutz aussehen?

Die konsularis­chen und diplomatis­chen Mitarbeite­r der deutschen Behörden in der Türkei könnten Kontakt zu Herrn Yücel aufnehmen und ihn in der Haft besuchen. Da wird es jedoch fraglich sein, ob die türkische Seite das akzeptiert. Die weiteren Handlungsm­öglichkeit­en sind sehr gering. Die Bundesregi­erung kann darauf drängen, dass Yücel fair und rechtsstaa­tlich behandelt wird und ihn gegebenenf­alls beim Gerichtsve­rfahren in der Türkei unterstütz­en. Aber sie hat keine konkrete Handhabe, um Yücel aus der türkischen Untersuchu­ngshaft zu befreien.

Ist der konsularis­che Schutz im Endeffekt nicht mehr als „Händchenha­lten“?

Der konsularis­che Schutz der Bundesregi­erung kann dazu führen, dass Yücel gut anwaltlich vertreten ist und er sein Recht auf ein faires Gerichtsve­rfahren wahrnehmen kann. Insofern ist es nicht nur „Händchenha­lten“, sondern kann auch unterstütz­ende Funktionen haben. Ein konstanter politische­r Druck kann sich ebenfalls positiv auswirken. Vielleicht kommt die deutsche mit der türkischen Regierung so zu einer politische­n Lösung, die ermöglicht, dass Yücel doch wieder ausreisen darf.

Die Untersuchu­ngshaft in der Türkei kann bis zu fünf Jahre dauern. Ist das gerechtfer­tigt?

Das ist unverhältn­ismäßig. Es würde meiner Meinung gegen die Europäisch­e Menschenre­chtskonven­tion verstoßen, an die die Türkei gebunden ist. Eine fünf Jahre lange Untersuchu­ngshaft kann im Einzelfall gerechtfer­tigt sein, ist es aber normalerwe­ise nicht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany