Die andere Art des Fastens
Einige Kirchen und Umweltministerin Hendricks rufen zum Verzicht auf das Auto auf
- Das Auto? Öfter einfach mal stehen lassen. Zumindest vom heutigen Aschermittwoch bis Ostern. Das empfiehlt SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Sie unterstützt den Aufruf zum Autofasten, den einige Kirchen in Deutschland gestartet haben. Hendricks ist Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, ZdK.
Ein Interview wollte die Ministerin dazu allerdings nicht geben. Die Angelegenheit ist heikel. Hendricks musste sich in den letzten Wochen schon den Vorwurf der Bevormundung, gefallen lassen, weil sie Gäste ihres Ministeriums in der Regel nur noch vegetarisch verköstigt. Und nun das Autofasten. Drei von vier Haushalten haben hierzulande ein Auto. Ans Autofasten denkt kaum einer.
Neu ist die Idee allerdings nicht. Die Kirchen haben das Autofasten schon vor 20 Jahren angestoßen, in den vergangenen Jahren hat Hendricks sie auch schon unterstützt. Dieses Jahr findet das aber erstmals richtig Gehör.
Denn die Luft in den Städten ist schlecht, die Belastung mit gesundheitsschädlichen Stickoxiden beispielsweise vielerorts zu hoch, grenzwertig. Erst vor Kurzem hat das Umweltbundesamt dies wieder moniert. In Stuttgart müssen sich Fahrer alter Diesel ab 2018 auf Fahrverbote einstellen. Auf www.autofasten.de erklären die beteiligten Kirchen nun: „Sie sind eingeladen, in den vier Wochen der Aktionszeit (und natürlich darüber hinaus), ihr Auto möglichst oft durch andere Verkehrsmittel zu ersetzen.“Heißt: auf Bus, auf Bahn, aufs Rad umzusteigen oder zu Fuß zu gehen – der Schöpfung zuliebe.
Kritik an der Verkehrspolitik
Das scheint in vielen Städten auch denkbar. Nur: Wie ist der Umstieg auf dem Land, wo nur wenige Busse und schon gar keine Züge fahren? Dort sei der Verzicht „tatsächlich schwierig“, erklärte Hendricks Sprecher. „Hier muss die Verkehrspolitik sehr viel mehr tun. Es darf nicht sein, dass der ländliche Raum abgehängt wird.“Bislang bewegt sich wenig.
Sei das Auto nicht zu ersetzen, meinen die Kirchenleute, könne man aber immerhin versuchen, Sprit sparend zu fahren, Elektromobile auszuprobieren oder Fahrgemeinschaften zu bilden. Sie kennen die Einwände gegen ihren Aufruf zum Autoverzicht gut. Tickets für den Nahverkehr sind zu teuer? Nein, das Auto sei aufgrund der vielen Fixkosten gar nicht billiger. „Versicherung, Steuer, Treibstoff, Abnutzung – all das summiert sich im Jahr zu einer beträchtlichen Summe, für die man gut eine Jahresnetzkarte der Bahn finanzieren kann.“
Hendricks Sprecher sagt, dass der „Vorsatz, über seine eigene Mobilität einmal nachzudenken“wichtiger sei als der Verzicht aufs Autos. Die Ministerin selbst habe beispielsweise „beruflich auch in der Fastenzeit kaum Möglichkeiten, auf Autofahrten zu verzichten, sie steige aber gerne im Urlaub oder in ihrer Freizeit aufs Rad um.
Das Auto solle nicht verteufelt werden, erklären die beteiligten Kirchen: „Wer klassisch fastet, isst ja auch nicht gar nichts!“