Kiesewetters Kritik überzeugt in Gmünd nicht
Nach der Kundgebung werden die Forderungen bekräftigt: Kommunen sollen bei Abschiebungen gehört werden
- „Wie will Bund Recht durchsetzen, wenn Oberbürgermeister Recht verhindern? Verstehe diesen OB Arnold nicht“, hat CDU-Bundestagsabgeordneter Roderich Kiesewetter nach der Kundgebung gegen die Abschiebung gut integrierter Asylbewerber beziehungsweise gegen Abschiebung in Krisengebiete getwittert. Grundsätzlich teilten alle, die sich zu einer Stellungnahme bereit erklärten, die Forderung, Kreisverwaltungen und Kommunen sollten mitentscheiden.
Anton Weber vom Schlatthof, Vorsitzender der „Hilfe für Togo“, fand’s unfassbar, ein kleines Kind mit nigerianischen Wurzeln abzuschieben, das dann nirgendwo in Europa Bleiberecht habe: „Und dass das dann noch von einem Bundestagsabgeordneten verteidigt wird“. Wie absurd der Umgang mit Flüchtlingen sei, sehe er selbst an einem Flüchtling, der seit zweieinhalb Jahren bei ihm arbeite. „Da werden die guten Leute, die mitten im Arbeitsleben stehen, abgeschoben, weil sie die anderen nicht kriegen – diejenigen, die abtauchten oder mit guten Anwälten daherkommen.“Er appellierte an Bundes- und Landesregierung, darauf zu achten, wen man zurückschicke; der Mensch müsse im Vordergrund stehen. Vor lauter Aktionismus würden derzeit falsche Entscheidungen getroffen.
Der Gmünder Weg als Antwort auf Integrationsforderungen
Stadtsprecher Markus Herrmann sprach von der besonderen Situation, dass sich OB Arnold, wie viele andere in der Stadt, zum Teil seit Jahren persönlich für die betroffenen Asylbewerber einsetze. Viele Flüchtlinge hätten Paten gefunden, gute Kontakte geknüpft, zu Familien, Einrichtungen, Kirchen, Firmen. Ein Betroffener habe sich nach dem Schulabschluss als Altenpflegehelfer ausbilden lassen – was aber nicht als Ausbildung gelte und entsprechend nicht vor Abschiebung schütze. Andere arbeiteten seit längerem in Gmünder Betrieben, etwa in einem Installationsbetrieb, in denen sie gebraucht würden. Es sei schon die große Forderung aller Kommunen, der Landkreise, Städte und Gemeinden, in irgendeiner Form Gehör zu finden. Dass es eine Rolle spiele, wer sich wo und mit welcher Integrationskraft bemüht habe. Vor diesem Hintergrund will Herrmann auch Kiesewetters Kritik nicht gelten lassen: Vor zwei Jahren sei allenthalben ein „Wir schaffen das“zu hören gewesen: „Da wurden Kommunen und Bürger in die Pflicht genommen“. Dringende Appelle zu integrieren, Sprachförderung zu ermöglichen, generell ein Ankommen, hätten Gehör gefunden; der Gmünder Weg sei ja nichts anderes, und es sei unverständlich, dass nun von einem Tag auf den anderen ein ganz anderer Weg eingeschlagen werde. Da sei einiges in eine Schieflage geraten. Arnold verstehe sich im übrigen als Oberbürgermeister aller Gmünderinnen und Gmünder.
Stadtrat Gabriel Baum (Grüne) unterstützte die von Stadtverwaltung, Kirchen, Arbeitskreis Asyl und engagierten Gmündern getragene Protestveranstaltung gegen eine „härter werdende Abschiebepraxis“. Um sich handlungsfähig zu präsentieren, auch als Zeichen der Stärke schiebe der Staat nun in Krisenländer ab, ohne die dortige Sicherheitslage zu berücksichtigen. Damit werde übers Ziel hinausgeschossen. Den von solcher Abschiebung Betroffenen stehe subsidiärer Schutz zu. Baum sprach sich dafür aus, Abschiebungen bis zu einer Neubewertung der Lage auszusetzen. Die Gmünder Grünen hätten dem Ministerpräsidenten dazu geschrieben. Wolfgang Greil (SPD) und Karin Rauscher (FWF) hießen die Aktion auf dem Marktplatz gut.
Abschiebung bringe erhebliche Probleme
Ullrich Lothar Dombrowski erklärte, auch Gmünds Bürgerliste vertrete Arnolds Linie. Die derzeitige Durchführung der Abschiebung bringe erhebliche Probleme mit sich: Diejenigen die straffällig würden, könnten nicht abgeschoben werden, weil die Heimatländer sie nicht mehr nehmen, „diejenigen aber, die eine Ausbildung angefangen oder abgeschlossen haben, werden abgeschoben“. Auch halte er die Einstufung in sichere Herkunftsländer für sehr problematisch. Sebastian Fritz (Linke) findet es ärgerlich, dass kommunale Mandatsträger der CDU Landes- und Bundespolitik kritisierten, gleichzeitig mit ihrer Parteimitgliedschaft dem Ganzen aber Vorschub leisteten. In der Sache aber sei man „voll und ganz beim OB“; Afghanistan sei kein sicheres Herkunftsland, und Dreijährige abzuschieben gehe gar nicht.
Kreisverbände der Grünen begrüßen Initiative
Die Grünen Kreisverbände Aalen/ Ellwangen und Schwäbisch Gmünd begrüßen ausdrücklich die Initiative verschiedener Kommunalpolitiker in Schwäbisch Gmünd. Gleichwohl unterstützen beide Kreisverbände den Vorstoß von Ministerpräsident Kretschmann, der sich in einem Brief an Bundesaußenminister Gabriel gewandt hat, um eine Neubewertung der Sicherheitslage in Afghanistan anzumahnen.
„Wir begrüßen die Initiative von Landrat Klaus Pavel und Gmünds Oberbürgermeister Richard Arnold“, erklärt Alexander Schenk, Kreisvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen Schwäbisch Gmünd, „wir hoffen, dass beide CDU-Politiker und der CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Ostalbkreis ihren Einfluss auf die CDU-geführte Bundesregierung geltend machen, zügig die Sicherheitslage neu zu bewerten. Nur so können Abschiebungen ins Krisengebiet Afghanistan effektiv gestoppt werden.“
„Diejenigen, die eine Ausbildung angefangen oder abgeschlossen haben, werden abgeschoben“. Ullrich Lothar Dombrowski von der Gmünder Bürgerliste.