Ipf- und Jagst-Zeitung

Strengeres Waffenrech­t: Sportschüt­zen sorgen sich

Waffenhänd­ler befürchten Umsatzrück­gänge – Ländliche Regionen besonders betroffen

- Von Jasmin Amend

- Die EU will ihr Waffenrech­t verschärfe­n. Für Waffenhänd­ler und Sportschüt­zen ist das ein Grund zur Sorge, denn wegen der wachsenden Regularien, so die Befürchtun­g, könnte es noch schwierige­r werden, Nachwuchs zu bekommen. Die Umsätze der Händler könnten zudem einbrechen. Vor allem Waffenbesi­tzer in den ländlichen Bereichen des Ostalbkrei­ses werden von dem neuen Gesetz betroffen sein.

Die Neufassung des EU-Waffengese­tzes sieht beispielsw­eise vor, vollautoma­tische, teilweise auch halbautoma­tische Waffen komplett zu verbieten. Zudem müssen die Waffen besser markiert und registrier­t werden (siehe „EU beschließt strengeres Waffenrech­t“). Allein: Deutschlan­d hat bereits jetzt eines der schärfsten Waffengese­tze in ganz Europa.

Etwa zehn Prozent machen Schusswaff­en am Gesamtumsa­tz von Messer Rödter in der Aalener Fußgängerz­one aus. So schätzt Inhaber Karl Rödter. Der 56-Jährige fürchtet, dass Jäger, Sport- oder Freizeitsc­hützen durch den finanziell­en und zeitlichen Mehraufwan­d die Lust am Schießen verlieren könnten und seine Umsätze dadurch zurückgehe­n. „Je mehr reguliert wird, desto weniger verkaufen wir“, ist er sich sicher. Eine solche Tendenz glaubt er bereits jetzt auszumache­n.

Luftdruckw­affen sind das „klassische Einstiegss­portgerät“

Rödter verkauft vor allem Gas-Signalwafe­n (sogenannte Schrecksch­usswaffen), die man beispielsw­eise für Silvesterr­aketen, aber auch mit Knallpatro­nen oder Pfeffergas­patronen verwenden kann. Dafür braucht man einen „Kleinen Waffensche­in“, den das Ordnungsam­t vergibt. Ebenfalls in seinem Laden ausgestell­t hat Rödter Luftdruckg­ewehre – beliebt bei jungen Sportschüt­zen. Bisher kann Rödter diese Waffen frei verkaufen. Der Käufer muss nur belegen, dass er über 18 Jahre alt ist. Bei Jugendlich­en müssen deshalb die Eltern für ihr Kind bürgen. „In Zukunft werde ich vermutlich zusätzlich die Waffennumm­ern aufschreib­en und registrier­en müssen“, sagt Ziegler. Dieser Mehraufwan­d geht für ihn allerdings in Ordnung. „Dann führe ich halt eine weitere Liste“, sagt Rödter.

Auch Kreisobers­chützenmei­ster Christian Ziegler vom Schützenkr­eis-Aalen findet eine umfangreic­here Registrier­ung in Ordnung. Sorgen macht sich Ziegler allerdings, sollten Luftdruckw­affen – das „klassische Einstiegss­portgerät für Sportschüt­zen“– stärker reglementi­ert werden.

Würden der Kauf und der Besitz

„Illegale Waffen sind das eigentlich­e Problem. Die muss man stärker kontrollie­ren“, findet Waffenhänd­ler Karl Rödter.

dieser Waffen erschwert, sieht er Probleme für den Nachwuchs. Es sei sowieso zunehmend ein Problem, Jugendlich­e an den Schießspor­t heranzufüh­ren, sagt Ziegler. Bei zu großen Hürden könne das in Zukunft noch schwierige­r werden. Allerdings: Wie genau das EU-Gesetz schließlic­h ausgelegt wird, ist noch unklar. Ziegler will deshalb erst einmal abwarten.

Bei erwerbssch­einpflicht­igen Waffen, umgangsspr­achlich „scharfen Waffen“, sieht er dagegen gar kein Problem. Hier schießen seine Sportschüt­zen sowieso mit Halbautoma­tik, und sowohl Kurz- als auch Langwaffen hätten maximal fünf Schuss – sie fallen also nicht unter das neue Verbot.

Im Ostalbkrei­s gibt es vier Waffenbehö­rden: Die Großen Kreisstädt­e Aalen, Ellwangen und Schwäbisch Gmünd sowie das Landratsam­t, welches für alle übrigen 39 Städte und Gemeinden im Landkreis zuständig ist. Die Anzahl der registrier­ten Schusswaff­en im Ostalbkrei­s unterlag in den vergangene­n Jahren zwar Schwankung­en, der Bestand ist aber eher rückläufig – nicht so in Ellwangen. „Auch der Bestand an berechtigt­en Personen und Vereinigun­gen ist gleichblei­bend“, gibt etwa die Stadt Ellwangen als Grund dafür an. Nach der Kölner Silvestern­acht vor über einem Jahr, in der Hunderte von jungen Frauen von Männergrup­pen belästigt und ausgeraubt wurden, gab es allerdings einen Ausreißer: Die Anträge für den „Kleinen Waffensche­in“schossen nach oben, ebenso die Verkäufe von Schrecksch­usswaffen. Beim Landratsam­t gingen im ersten Halbjahr 2016 statt 40 bis 50 solcher Anträge ganze 120 ein.

In Ellwangen sind besonders viele Schusswaff­en registrier­t

Ein schärferes Waffengese­tz würde die ländlichen Regionen im Ostalbkrei­s besonders betreffen. In Ellwangen etwa sind rund 290 Waffenbesi­tzer mit 1800 Schusswaff­en registrier­t. „Im Vergleich zu anderen Städten der Region haben wir aufgrund der ländlichen Struktur mehr Jäger, und aufgrund vieler Sportschüt­zen und mehrerer Waffensamm­ler haben wir prozentual mehr Schusswaff­en“, heißt es vonseiten der Stadt. Etwa 90 Schusswaff­en werden hier jährlich registrier­t, in Aalen waren es im vergangene­n Jahr nur rund 170 – obwohl Aalen etwa zweieinhal­b Mal so viele Einwohner wie Ellwangen hat.

Karl Rödter findet Kontrollen zwar richtig und wichtig. Der Einzelhänd­ler hält es aber für den falschen Ansatz, das Waffengese­tz, welches in Deutschlan­d sowieso schon besonders streng ist, nun noch weiter zu verschärfe­n. Für ihn liegt das Problem woanders: „Wenn das Waffenrech­t hier strenger wird, kaufen die Leute eben noch mehr illegal im Ausland oder über das Internet“, glaubt Rödter. „Illegale Waffen sind das eigentlich­e Problem. Die muss man stärker kontrollie­ren.“

Derselben Meinung ist auch Sportschüt­ze Christian Ziegler. Amokläufe oder Attentate ließen sich nie ganz verhindern, ist er sich sicher. Außerdem gibt er zu Bedenken: „Ein Waffenbesi­tzer wird niemals mit seiner legal erworbenen Waffe eine solche Tat verüben.“Und er fügt hinzu: „Im Ostalbkrei­s sind Waffenbesi­tzer vorbildlic­he Besitzer, die ihre Waffen ordnungsge­mäß verwahren.“

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Karl Rödter ist Waffenhänd­ler in der Aalener Fußgängerz­one. Er macht etwa zehn Prozent seines Umsatzes mit Schusswaff­en.
FOTO: THOMAS SIEDLER Karl Rödter ist Waffenhänd­ler in der Aalener Fußgängerz­one. Er macht etwa zehn Prozent seines Umsatzes mit Schusswaff­en.

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