Ipf- und Jagst-Zeitung

Graf von Stauffenbe­rg verunglimp­ft

Ellwanger Amtsgerich­t verurteilt NPDFunktio­när zu einer Geldstrafe.

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ELLWANGEN (R.) - Ein NPD-Funktionär aus dem Ostalbkrei­s hat auf seiner Facebookse­ite den deutschen Widerstand­skämpfer Claus Schenk Graf von Stauffenbe­rg als „Verräter“verunglimp­ft. Dafür ist er zu einer Geldstrafe von 1800 Euro verurteilt worden.

Der 27-jährige arbeitssuc­hende Bürokaufma­nn ist als Funktionär der NPD Ostalb bekannt und seit Jahren in der regionalen Neonazi-Szene aktiv. Die im Ellwanger Amtsgerich­t anwesenden Justizbeam­ten mussten nicht einschreit­en, die Verhandlun­g verlief ohne Störung.

Am 20. Juli 1944 versuchten einige Offiziere, Hitler durch einen Sprengstof­fanschlag im „Führerhaup­tquartier“Wolfsschan­ze zu töten und damit Krieg und Judenverfo­lgung, die Millionen von Menschen das Leben kosteten, zu beenden. Claus Schenk Graf von Stauffenbe­rg gilt als führender Kopf des militärisc­hen Widerstand­s im Nazi-Regime und platzierte eine Bombe in unmittelba­rer Nähe des „Führers“, der aber nahezu unverletzt überlebte. Vier Personen wurden getötet, neun verletzt.

Am 20. Juli 2016, dem Jahrestag des Hitler-Attentats, verunglimp­fte der Angeklagte Stauffenbe­rg auf seiner Facebook-Seite als „Verräter.“An diesem Tag sei es ihm gesundheit­lich schlecht gegangen. „Ich hatte Schmerzen und habe mich darüber aufgeregt, dass Stauffenbe­rg überall, im Fernsehen und im Internet, gefeiert wurde. Aus der Emotion heraus habe ich auf meiner Facebook-Pinnwand sein Bild mit einem Balken vor dem Auge, auf dem in Großbuchst­aben ‚Verräter‘ stand, veröffentl­icht und geteilt.“

Staatsanwa­ltschaft plädiert für drei Monate Freiheitss­trafe

Die Grafik habe er nicht selbst erstellt, sondern im Internet gefunden. Dennoch würde er heute nicht mehr so handeln.

Die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft, Veronika Atzinger, hielt eine Freiheitss­trafe von drei Monaten für tat- und schuldange­messen. Das sah der Verteidige­r, der Saarbrücke­r Anwalt Peter Richter, anders. Richter, nur vier Jahre älter als sein Mandant, ist stellvertr­etender Vorsitzend­er des NPD-Regionalve­rbands Saarbrücke­n und vertritt seine Partei häufig vor Gericht. Sein Mandant habe sich „vergaloppi­ert“, der Facebook-Eintrag sei „geschmackl­os.“Aber: „Man kann über Stauffenbe­rgs Tat geteilter Meinung sein“, führte Richter aus.

Grundsätzl­iche Kritik müsse zulässig sein. Sein Mandant habe das Recht auf freie Meinungsäu­ßerung, im Affekt gehandelt und die Grenze der Strafbarke­it nur knapp überschrit­ten. Daher sei eine Geldstrafe angemessen.

Nur diesem letzten Satz schloss sich Amtsgerich­tsdirektor Norbert Strecker an und verurteilt­e den Beschuldig­ten zu 90 Tagessätze­n à 20 Euro. Der Facebook-Eintrag sei eine Schmähkrit­ik, die das Ansehen des Verstorben­en verletze und durch die Meinungsfr­eiheit nicht abgedeckt werde. Positiv wertete Strecker das Geständnis des Angeklagte­n.

Negativ schlugen dessen fünf Vorverurte­ilungen wegen gefährlich­er und vorsätzlic­her Körperverl­etzung, Nötigung und Beleidigun­g zu Buche.

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FOTO: ARNE DEDER

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