Der Karrenzieher fällt aus
Marco Reus verletzt sich erneut – 6:2 bringt BVB Selbstvertrauen für Champions League
(SID/dpa) - Thomas Tuchel spulte die Analyse des Spektakels fast mechanisch ab. Das am Ende berauschende 6:2 (2:0) von Borussia Dortmund gegen Bayer Leverkusen war dem BVB-Trainer nur ein schmales Lächeln wert, denn eine Szene aus der 44. Minute belastete ihn arg: Da humpelte Marco Reus mit einem Faserriss auf der Rückseite des linken Oberschenkels vom Platz.
Der Nationalspieler, neben Holger Badstuber und Ilkay Gündogan der notorische Pechvogel des deutschen Fußballs, wird damit am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF und Sky) im Achtelfinalrückspiel der Champions League gegen Benfica Lissabon und sogar bis Anfang April fehlen. „Das ist eine traurige Nachricht“, sagte Tuchel, „das ist ein enormer Verlust, der diesen Sieg definitiv trübt.“
Besonders betrüblich für die Dortmunder ist, dass Reus wieder zuletzt groß aufgespielt hatte – auch am Samstag, bis er mit Bayer-Verteidiger Tin Jedvaj um den Ball sprintete. Reus geriet ins Stolpern, wollte sich mit einigen langen Schritten abfedern und fing sich dabei die Verletzung ein.
„Er zieht momentan unseren Karren richtig gut“, sagte Sportdirektor Michael Zorc. Das kann er vorerst allerdings nicht mehr. Auch das Pokalspiel beim Drittligisten Sportfreunde Lotte (14. März) und die Ligaduelle mit Hertha BSC (11.) und dem FC Ingolstadt (17.) verpasst er. Sein Einsatz im Derby bei Schalke 04 (1. April) ist zumindest fraglich.
„Das ist schon ein großer Nachteil für uns“, sagte Zorc. Es schwang das Wissen mit, dass Verletzungen aller Art bei Marco Reus schon mehrfach langwierige Angelegenheiten geworden sind. Zu Beginn der entscheidenden Saisonphase wird der Nationalspieler Zuschauer sein, wenn seine Kollegen um Titel kämpfen.
Die gute Nachricht ist: Der BVB bringt auch ohne Reus und den wegen Stoffwechselstörungen länger ausfallenden Mario Götze gewaltiges Offensivpotenzial auf den Platz. Doppeltorschütze Pierre-Emerick Aubameyang hat nun 21 Saisontreffer erzielt, und doch stand er hinter dem überragenden Ousmane Dembélé zurück.
Potenziell Weltklasse
Der junge Franzose erzielte das 1:0 und legte Aubameyang das 3:1 auf. In jeder Szene ist dem 19-Jährigen das Potenzial zum Weltklassespieler anzusehen – allerdings muss er lernen, wann der richtige Zeitpunkt zum Abspiel gekommen ist.
Dank der Tore von Dembélé (6.), Aubameyang (26./69.), Christian Pulisic (77.), André Schürrle (85./Foulelfmeter) und Raphael Guerreiro (90.+2) wurde der dritte Tabellenplatz gefestigt und gleichzeitig Leverkusen-Trainer Roger Schmidt aus dem Amt geschossen (siehe nebenstehenden Artikel, Anm. d. Red). „Wir haben Selbstvertrauen getankt gegen einen guten Gegner“, befand Torhüter Roman Bürki.
Die am Ende der Hinrunde noch wankelmütige Borussia kommt nun allmählich richtig in Fahrt. Wie schon bei den überzeugenden Siegen gegen Wolfsburg (3:0) und in Freiburg (3:0) spielte sie auch gegen Leverkusen phasenweise groß auf. „Man sieht, dass der Spirit in der Mannschaft wächst. Im Moment ist es eine tolle Entwicklung“, schwärmte Tuchel
Christian Pulisic, für Reus eingewechselt, durfte beim dritten Sieg in Serie auch einmal treffen und einmal vorlegen. Wichtiger könnte gegen Benfica jedoch werden, das eigene Tor dichtzuhalten: Die schon länger üblichen Wackler in der BVB-Abwehr leistete sich ungewohnterweise diesmal auch der Grieche Sokratis, sonst ein Fels von hoher Standhaftigkeit. Zorc entschuldigte dies mit einer Erkrankung des Verteidigers unter der Woche. Socratis war da selbstkritischer. Gegen Benfica müsse die Mannschaft „300 Prozent besser spielen“. Und das ohne Reus.