Auf den Spuren der Diakonie
Kreisverband bietet zum Reformationsjubiläum zehn spannende Erlebnistouren an
- Die Spuren der Reformation in der diakonischen Arbeit gestern und heute – zum 500. Reformationsjubiläum in diesem Jahr hat sich der Kreisdiakonieverband Ostalbkreis etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Zehn Erlebnisspaziergänge führen in sechs Orten im Kreis auf die geschichtsträchtigen Spuren diakonischer Arbeit. Die Einrichtungen und Institutionen, die dabei besucht werden, stellen dabei ihr aktuelles Wirken vor, aber auch die Ursprungsideen, aus denen sie heraus im bis auf Martin Luther zurückreichenden diakonischen Verständnis entstanden sind.
Der Reformator Martin Luther und Diakonie – passt das überhaupt zusammen? Sehr gut sogar, sagen Michael Schubert, Regionalleiter der Behindertenhilfe Ostalbkreis der Samariterstiftung, Schuldekan Harry Jungbauer, Sylvia Caspari, die Geschäftsführerin des Kreisdiakonieverbands Ostalbkreis, und Diakonin Doris Beck. Gemeinsam haben sie, auch zusammen mit Diakoniepfarrer Martin Schuster aus Ellwangen, mit den Pfarrern, Kirchengemeinden und Einrichtungen vor Ort, das Programm „Reformation in nächster Nähe“entwickelt und jetzt präsentiert. Es umfasst bis Juni zehn Erlebnistouren an sechs Orten, nämlich in Aalen, Bopfingen, Ellwangen, Lorch und Schwäbisch Gmünd. Spaziergänge zu Einrichtungen und Institutionen, die bis heute aus dem diakonischen Gedanken heraus arbeiten und wirken und sich dabei auch immer wieder neuen Herausforderungen und Bedürfnissen stellen müssen.
Nicht fürs eigene Seelenheil
Zum Verständnis des theologischen und kirchengeschichtlichen Hintergrunds blickt Jungbauer 500 Jahre zurück, in eine völlig andere Welt, wie er sagt. Als sich vor Luther vor allem die Klöster um Menschen in Not und Elend kümmerten. Die Gläubigen taten dies vor allem, um selbst Gott nahe zu kommen und das Himmelreich für sich zu erlangen. Als Luther dann ein Bild vom Menschen zeichnete, dem Gott schon von sich aus gnädig ist, änderte dies auch die Motivation für barmherziges, diakonisches Handeln: Der Mensch, so Jungbauer, habe sich um seiner selbst Willen dem anderen Menschen zuwenden können, nicht für sein eigenes Seelenheil. Und auch die Zielgruppen solchen Handelns änderten sich: Zu den Armen, Kranken und Sterbenden kamen die Witwen hinzu, aber auch Kinder, vor allem Mädchen. Denn neben Armut und seelischer Not ging es nun auch um Dinge wie Bildung, an denen jenen eine Teilhabe ermöglicht werden sollte, denen dies bislang verwehrt war.
Ein Modell bis heute
Im Prinzip aber sind die Notlagen, welche diakonisches Handeln erfordern, bis heute unverändert geblieben. Es gehe darum, so sagt Caspari, Menschen Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten, aber auch Begleitung und Unterstützung, damit sie teilhaben könnten an der Gemeinschaft, damit sie nicht ausgeschlossen sind: Kranke, Behinderte, Bedürftige, Familien, Kinder, Jugendliche, Alte – die Reihe ließe sich auch oder gerade heute leicht fortsetzen. Dass viele der heute tätigen Einrichtungen und Institutionen aus diesen diakonischen Gedanken heraus entstehen konnten, daran habe Luther maßgeblich mitgewirkt, sagt Diakonin Beck. Die unter anderem auf die sogenannte Leisinger Kastenordnung von 1523 verweist, das unter Mithilfe Luthers entstandene älteste evangelische Sozialpapier überhaupt. Die Leisinger Kastenordnung wurde schnell zum Modell lutherischer Soziallehre im gesamten deutschsprachigen Raum und hält die Verpflichtung zu gemeinsamer öffentlicher Verantwortung