Weiberlist im Teegeschäft, Hexe im Buchladen
Erzählgemeinschaft „Märchenbrunnen“ist in Geschäften der Aalener Innenstadt unterwegs
(lem) - Märchen sind so eine Art gefährdete Spezies der Kultur und der Tradition. Auch um sie zu bewahren, ist am Montag Weltgeschichtentag gewesen. Und gut, dass es die Erzählgemeinschaft „Märchenbrunnen“gibt. Die erweckte nämlich am Nachmittag alte, weniger bekannte Märchen wieder zum Leben. Mitten in der City, im Schuhladen, in der Eisdiele oder im Fotostudio.
Nicht am Märchen-, sondern am Marktbrunnen treffen sich die Interessierten, allesamt weiblich und schon lange erwachsen. Denn es geht nicht um Kindermärchen. Die erzählen die freundlichen „Märchentanten“auf anderen Veranstaltungen, bei Kinderfesten etwa, quer durch die Ostalb. Nun machen sie die „märchenhafte“Tour durch die Geschäfte. Es geht zuerst ins „LoveNdel“. Freundlich begrüßt der Tee- und Spezialitätenladen-Chef Mahmoud die Damen. Mit einer BasketballKappe auf dem Kopf. Bayern steht drauf, nicht der FC, sondern das Wappen des Freistaats. Aus Bayern stammt auch eine der Märchen-Mitwanderinnen, seit anderthalb Jahren lebt sie in der Kreisstadt. Diese Märchenerzähl-Aktion findet sie „sehr interessant“– man will doch dabei sein, wenn es etwas zu erleben gibt in der Stadt, und schöne Märchen mag sie ohnehin. Auch ihre Bekannte ist extra aus Abtsgmünd gekommen. Weil das Ganze schlicht eine „ganz tolle Idee“ist. Das sehen die knapp zwei Dutzend anderen Zuhörerinnen offenbar genauso.
Bei Mahmoud gibt es einen Lapacho-Kräuter-Tee in angenehm duftender orientalischer Atmosphäre und eine Kokos-Knabberei. Dann erzählt Märchenbrunnen-Mitgründerin Ute Hommel das Märchen von der „Weiberlist“. Es passt ganz gut in dieses morgenländische Flair. Dann gibt es viel Applaus, auch an den anderen Stationen wie im Imbiss Da Fernando, in der Eisdiele Venezia oder im First-Floor-Fotostudio. Im Schuhladen „Secret Store“sind die aktuellen Modelle ausgestellt in großer Auswahl. Früher war das nicht so, erzählt Helga Schwarting (Märchenbrunnen), den Laufuntersatz machte noch der Schuster in mühevoller Arbeit. Deshalb gibt’s hier auch das Märchen vom Schuhmacher. Zuvor war der Märchentrupp in der Buchhandlung Osiander. Dort gab’s das Märchen von der Hexe beziehungsweise Zauberin, die sich nachts wahlweise in eine Katze oder in eine Nachteule verwandeln konnte. Das passt auch ziemlich gut in ein Buchgeschäft, findet Reiner Bundschuh. Einige Stammkundinnen sind auch dabei. Diesmal ließen sie sich etwas vorlesen anstatt ein Buch zu kaufen.