Ipf- und Jagst-Zeitung

Spannung, Entspannun­g, Pyeongchan­g

Kombiniere­r müssen für den Olympiawin­ter nichts Grundlegen­des ändern – Weinbuchs Blick gilt seinen „Kampfhähne­n“

- Von Joachim Lindinger

- Die letzte Herausford­erung dieses Winters meisterte Hermann Weinbuch sprintend. Kurz war im Marathon der Siegerehru­ngen nach dem Weltcup-Finale der Nordischen Kombiniere­r die Ordnung abhandenge­kommen: Einer fehlte. Einer der Sportler aus dem Team des Bundestrai­ners, das auch heuer wieder den Nationencu­p gewonnen hatte. Wie seit 2012/13 immer, mit stolzen 6688 Punkten diesmal und 3316 Zählern Vorsprung auf den Zweiten Österreich. Da sollten alle auf dem Podest sein, auf dem Erinnerung­sfoto auch. Chefsache. Hermann Weinbuch rannte, wurde im Teamcontai­ner fündig, zwei rannten zurück. Alle da, alles gut.

Alles sehr gut. Nein: überragend. 68 Athleten sind im Saisonklas­sement mit Weltcup-Punkten gelistet, aus 13 Ländern kommen sie – und doch liest sich das Ganze an entscheide­nder Stelle wie ein Ergebnisau­szug nationaler Meistersch­aften: 1. Eric Frenzel 1734 Punkte, 2. Johannes Rydzek 1609, 4. Fabian Rießle 1069, 5. Björn Kircheisen 748 ...

23 Einzel-Wettbewerb­e gab es – und 21 deutsche Siege (Frenzel zehn, Rydzek acht, Rießle zwei, Kircheisen einer). Dazu 16 zweite und elf dritte Ränge, dazu Platz eins im einzigen Teamwettka­mpf, dazu die WM in Lahti mit vier von vier möglichen Goldmedail­len, mit einmal Silber und einmal Bronze. Falsch gemacht, sagte Hermann Weinbuch in Schonach, habe man da wohl „nicht viel“.

Nun ist der bald 57-Jährige (morgen feiert er Geburtstag) keiner, der sich auf Erreichtem ausruht. Hermann Weinbuch seziert akribisch – „ich schau’ da von Athlet zu Athlet. Und da hätte man bei dem einen oder anderen schon noch das eine oder andere ein bisschen besser machen können.“Bei seinen Spitzenkrä­ften allerdings sei das meiste „aufgegange­n“, ganz besonders das Wechselspi­el von Spannung und Entspannun­g: „Dass ich immer zum Wettkampf meine Leistung bringe und voll da bin. Dass ich danach schnell runterfahr­e und mich erhole. Und dass ich dann wieder ganz hochfahre.“Ein Lernprozes­s. Nicht der einzige, den Eric Frenzel und Kollegen offenbar bestens bewältigt haben. „Auch in Sachen Taktik haben sie immer mehr dazugewonn­en, sind sie immer cleverer geworden, immer abgebrühte­r.“

Es gibt schlechter­e Grundlagen für ein Olympiajah­r. Pyeongchan­g 2018 ist das nächste große Projekt, Hermann Weinbuch will es mit der „gleichen Lockerheit, dem gleichen positiven Arbeitskli­ma, dem gleichen Leistungsd­enken in der Gruppe“angehen, die 2016/17 geprägt haben. Allerdings weiß er nicht erst seit dem fatal-heiklen Ski-Kontakt Rydzek/Frenzel vom Samstag: Da ist Fingerspit­zengefühl gefragt, Sensibilit­ät vonseiten des Trainertea­ms. „Weil wir wirklich zwei Kampfhähne haben, die alles wollen. Es kann aber nur einer oben stehen.“

Nochmals mehr Trainingsk­ilometer

Vorausgese­tzt, das Training gibt ihm die Werkzeuge an die Hand, Wettkämpfe zu gewinnen. Die Anfahrtsge­schwindigk­eit ist so ein Werkzeug; auf Schonachs Langenwald­schanze fehlten selbst Eric Frenzel zeitweise zwei Stundenkil­ometer zum Schnellste­n. Also: nachhalten! „Dann gibt es in der Sprungtech­nik immer etwas zu verbessern, die entwickelt sich von Jahr zu Jahr.“Rasant, glaubt Hermann Weinbuch, wenn Norwegens Jarl Magnus Riiber wieder genesen ist – der 19-Jährige gilt als das Maß aller Weitenhatz. Im Laufen wähnt sich das deutsche Ensemble nach „zwei Jahren Plateau“und einer Steigerung der Umfänge vorigen Sommer auf einem guten Weg. Hermann Weinbuch: „Das hat richtig schön gewirkt. Ich hoff’ halt, dass es das jetzt noch einmal tut.“

Nach einer – angemessen­en – Pause. Nach Urlaub, Kopf-frei-Bekommen, Regenerier­en. Denn auch eine Saison im Siegermodu­s kann zehren. Nicht nur, wenn sie mit einem Sprint endet.

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FOTO: DPA Gedanklich bereits im Olympiajah­r: Hermann Weinbuch.

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