Reisebuchungen in die Türkei brechen ein
Aalener Reisebüros richten sich neu aus: Griechenland und Spanien profitieren als Reiseziele
- Kaum ein Aalener will noch in die Türkei reisen. Die Buchungen in dieses Reiseland sind seit dem Putschversuch vergangenen Juni dramatisch eingebrochen, wie eine Umfrage der „Aalener Nachrichten“unter Reisebüros in Aalen ergeben hat. Davon profitieren andere Reiseziele, allen voran Griechenland, aber auch Spanien und Deutschland.
Bereits vor dem 15. Juli 2016 hatte die Nachfrage nach Reisen in die Türkei leicht nachgelassen – einige Reisende fürchteten die Terrorgefahr. Doch die Reiseunlust in die Türkei hat völlig neue Ausmaße angenommen. So verzeichnet das „RMS Reisebüro“in Aalen schon seit Monaten „keinerlei Buchungen für die Türkei“, wie Büroleiter Ralf Steidle berichtet. Früher waren Türkeireisen auch bei den Aalenern besonders beliebt gewesen: Sie machten laut Steidle etwa 20 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Dem Umsatz des Reisebüros schadet das aber nicht: „Die Kunden reisen eben einfach woanders hin.“So habe besonders Griechenland stark zugelegt. Für Familien sei das natürlich schade, denn „in der Türkei gab es besonders viele Wasserrutschen in den Hotels“, ein wichtiges Thema für Familien mit Kindern. In Griechenland sei dies aber noch nicht so weit verbreitet.
„Die politische Lage ist einfach zu unsicher.“
Auch bei „Beck + Schubert“habe die Nachfrage enorm nachgelassen, bestätigt der zuständige Mitarbeiter Markus Häcklein. Er schätzt auf einen Rückgang um 70 bis 80 Prozent. „Die politische Lage ist einfach zu unsicher“, sagt er bedauernd. „Wir bewerben die Türkei deshalb als Reiseziel auch gar nicht mehr.“Seine Kunden, so schätzt Häcklein, seien gut informiert und fragen von vorneherein nach Alternativen zur Türkei. Zugenommen hätten vor allem Reisebuchungen nach Spanien und Portugal, „aber die sind im Vergleich zur Türkei sehr teuer“. Stark im Rennen sei auch das recht günstige Griechenland, „das hat sich nach der Krise gut erholt“. Stornierungen habe es dagegen keine einzige gegeben. „Ich würde auch nicht stornieren“, sagt Häcklein. „Weil das Auswärtige Amt keine Reisewarnung herausgegeben hat, ist die Stornierung kostenpflichtig.“Er empfehle stattdessen Umbuchungen – bei gleichbleibendem oder höherem Reisepreis verlangten die Reisegesellschaften dafür keinen Aufpreis.
Auch der Automobilclub ADAC unterhält ein Reisebüro im Südlichen Stadtgraben. „Das ist echt brutal für den Tourismus in der Türkei“, sagt dessen Pressesprecher für den Bereich Württemberg, Reimund Elbe. „Die Türkei hatte bei den Buchungen über Jahrzehnte ein sehr hohes Niveau, auch qualitativ ist dieses Reiseziel immer besser geworden.“Nach den ersten terroristischen Anschlägen habe man gehofft, das sich die Türkei als Reiseziel aus seinem Tief erholt, doch das Gegenteil trat ein. Heute spielten die Terroranschläge dabei nur noch eine untergeordnete Rolle, ausschlaggebend sei eher die „politische Gesamtsituation“. Zuwachs habe es vor allem bei Buchungen für die griechischen Inseln gegeben. „Wer früher nach Antalya geflogen ist, fliegt heute nach Rhodos oder Kos“, bringt es Elbe auf den Punkt. Es gebe eine klare Umverteilung innerhalb der gleichen Region. Bei den Buchungen gleichbleibend seien dagegen etwa die Kanaren oder Mallorca. Auch Deutschland profitiere als Urlaubsland.
Auch Kroatien, Italien und Österreich profitieren
Das bestätigt auch Roswita Demirtas vom gleichnamigen Reisebüro, ein Büro „mit türkischem Hintergrund“, wie sie es nennt. Auch Demirtas spricht von einem „sehr starken Einbruch“von Urlauben in die Türkei. Das betreffe aber auch andere islamische Länder. Stornierungen habe es dagegen keine gegeben, und umgebucht habe nur eine Familie, die sich dafür ein anderes Zielland aussuchte. Sie hat auch bemerkt, dass ihre Kunden nun auch vermehrt selbst mit dem Auto in den Urlaub fahren – denn viele mögen laut Demirtas nicht mehr ins Flugzeug steigen. Von diesem Trend profitierten etwa Kroatien, Italien und Österreich. Wer aber Angehörige in der Türkei habe, der reise nach wie vor dorthin.