Ipf- und Jagst-Zeitung

Jugendrich­terin verurteilt zwei Asylbewerb­er

Mühsame Beweisaufn­ahme wegen gefährlich­er Körperverl­etzung – Opfer verzeiht seinen Peinigern

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(R.) - Am Montag hat Jugendrich­terin Dorothea Keck zwei ehemalige LEA-Bewohner wegen gemeinscha­ftlicher gefährlich­er Körperverl­etzung verurteilt. Sie hielt es für erwiesen, dass beide am 16. Januar 2016 auf einen Landsmann eingeschla­gen und ihm eine tiefe Platzwunde beigebrach­t haben, die im Krankenhau­s genäht werden musste. Die Narbe ist sichtbar. Auslöser und Details der Tat blieben auch nach fast vierstündi­ger Verhandlun­g im Dunkeln.

Für die Richterin, Staatsanwa­lt Peter Humburger und die Pflichtver­teidiger Peter Bacher und Paul Feil war es schwierig, den Tathergang aufzukläre­n. Teilweise erinnerte die Verhandlun­g an absurdes Theater. Die Angeklagte­n ergingen sich mithilfe eines Dolmetsche­rs in weitschwei­figen Erklärunge­n. Sie gaben zwar zu, ihren Landsmann attackiert zu haben, versichert­en aber im gleichen Atemzug treuherzig, sie hätten nichts getan. Unstrittig ist, dass gegen 19.30 Uhr mehrere syrische Asylbewerb­er vor dem LEA-Gebäude Nr. 26 aneinander gerieten. Daraus wurde eine handfeste Schlägerei.

Alkoholtes­t ergab null Promille

Ob es dabei um ein Mädchen ging, einen Streit in der Wäscherei der Einrichtun­g und ob Alkohol im Spiel war, ließ sich nicht klären. „Wir haben literweise Wodka getrunken“, erklärte der ältere Beschuldig­te. Auch Muslime, sagte er auf die erstaunte Frage der Richterin, dürften Alkohol trinken: „Manche trinken sogar vor der Moschee“, sagte er. Dagegen sprach sein Alkoholtes­t bei der Polizei wenig später, der null Promille ergab. „Ich bin auch ohne Alkohol aggressiv“, gab der 22-Jährige zu. Weil er wegen eines Streits nach Wertheim verlegt worden war, hielt er sich unberechti­gt auf dem Gelände auf: „Ich habe mich an der Pforte vorbei geschliche­n.“Er gab zu, einen Standasche­nbecher nach seinem 27-jährigen Landsmann geworfen zu haben. Eine Einstellun­g des Verfahrens kam nicht infrage, weil der Syrer wegen Diebstahl und Erschleich­ung von Leistungen vorbestraf­t ist. Das Gericht verurteilt­e ihn zu neun Monaten auf Bewährung und 80 Stunden gemeinnütz­iger Arbeit.

Der jüngere Angeklagte kann weder lesen noch schreiben. Er war zum ersten Gerichtste­rmin nicht erschienen und wurde aus der Justizvoll­zugsanstal­t Stuttgart-Stammheim vorgeführt. Er räumte ein, dem Geschädigt­en einen Faustschla­g versetzt zu haben. Dabei seien keine Gegenständ­e wie Mülleimer und Holzlatte im Spiel gewesen. Diese will die 19-jährige Ehefrau des Opfers gesehen haben. Mindestens fünf Männer hätten ihren Mann angegriffe­n. Die Namen weiterer Beteiligte­r wurden von der Polizei nicht ermittelt. Der zum Tatzeitpun­kt 19-jährige Analphabet wurde nach Jugendstra­frecht zu 100 Stunden gemeinnütz­iger Arbeit verurteilt

Der Geschädigt­e selbst erklärte, er habe seinen Angreifern verziehen und wolle nicht, dass sie bestraft würden. Dorothea Keck belehrte die Asylsuchen­den, dass in Deutschlan­d jede Straftat Folgen habe. Die Urteile sind rechtskräf­tig.

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