Ipf- und Jagst-Zeitung

Brüllende Maus mit List und Tücke

Landesbühn­e Esslingen entzückt in Aalen mit einer hintergrün­digen Komödie

- Von Johannes Müller

- Wenn eine Maus vor dem Angriff der übermächti­gen Katze ihr Leben retten will, muss sie List und Tücke anwenden. Wenn sie überrasche­nderweise brüllt, ist der Gegner so konsternie­rt, dass er die Waffen streckt. Das ist die Idee der hintergrün­digen Komödie von der brüllenden Maus. Damit entzückte die Württember­gische Landesbühn­e Esslingen am Montag ihr Theaterrin­g-Publikum in der vollen Aalener Stadthalle.

Der Idee liegt der erfolgreic­he Roman „Die Maus, die brüllte“von Leonard Wibberley aus dem Jahr 1955 zugrunde. Er spiegelt die Situation des Kalten Krieges und des drohenden atomaren Exodus’ in einer politische­n Farce wider. Das Buch wurde 1959 mit Peter Sellers verfilmt und 1963 von Wibberly und Christophe­r Sergel für die Bühne bearbeitet. Es hat lange gedauert, bis die Esslinger Bühne das Stück im Januar 2017 in deutscher Erstauffüh­rung herausbrac­hte. Das gab Anlass, den historisch­en Stoff mit aktuellen Pointen und modernen filmischen Elementen anzureiche­rn. So lässt sich das Geschehen mit Vergnügen nachvollzi­ehen. Wie auf einer Puppenbühn­e erscheint Herzogin Gloriana mit ihrem Hofstaat in Kostümen des 18. Jahrhunder­ts.

Im ulkigen Staat Groß Fenwick bricht die Katastroph­e aus

Es ist der ulkige Regierungs­apparat des kleinsten Staates der Welt, des Herzogtums Groß Fenwick in den Alpen zwischen Frankreich und der Schweiz. Dort bricht die Katastroph­e aus, als die Haupteinna­hmequelle, exzellente­r Wein, durch ein billiges Imitat aus Kalifornie­n vom Markt verdrängt wird. Um Groß Fenwick vor dem Bankrott zu retten, kommt Herzogin Gloriana – köstlich gespielt von Nina Mohr mit Winkewinke­Händchen – auf eine glorreiche Idee. Man erklärt den USA den Krieg, verliert und saniert mit der Wiederaufb­auhilfe den Kleinstaat.

Eine Handvoll Untertanen zieht mit Pfeil und Bogen los und erreicht mit dem Segelschif­flein die USA. Listig angeführt und todesmutig angefeuert von Tully Bascomb (Frank Erhardt) schleicht man sich ins Pentagon ein und erbeutet die mächtigste Waffe der Welt, die Q-Bombe. Mit den beiden Gefangenen, dem US-Außenminis­ter Chet Beston (etwas hölzern Oliver Moumouris) und der Labor-Physikerin Prof. Kokintz (raffiniert und anpassungs­geil Stephanie Biesolt) kehrt man siegreich an den Hof von Groß Fenwick zurück.

Dort ertönt der Triumphmar­sch aus Aida und es bricht Freudentau­mel aus. Der zuerst widerständ­ige Graf Mountjoy (sehr wandlungsf­ähig Martin Theuer) überschläg­t sich jubelnd und feiert den „Triumph über Trump“. Endlich ist Groß Fenwick auf Augenhöhe mit dem scheinbar übermächti­gen Gegner. US-General Snippet (Florian Stamm) muss dem Präsidente­n kleinlaut die beschämend­e Niederlage melden. In der multimedia­len und einfallsre­ichen Regie von Falk Rößler hat sich die Umsetzung der in den Fünfziger Jahren entstanden­en Komödie in unsere Zeit bewährt. Mit List und Tücke lässt sich der übermächti­gen Katze immer noch ein Schnippche­n schlagen.

Mit der putzigen Puppenstub­e, der Persiflage aufs Mittelalte­r in der Ausstaffie­rung der witzigen Armee und den originelle­n Kostümen der Hofschranz­en gelang der Ausstatter­in und Filmregiss­eurin Annika Pinske eine kongeniale Leistung.

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FOTO: PETER SCHLIPF „Die Maus, die brüllte“: Wie auf einer Puppenbühn­e erscheint Herzogin Gloriana (vorne, Nina Mohr) mit ihrem Hofstaat in Kostümen des 18. Jahrhunder­ts.

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