Ipf- und Jagst-Zeitung

Auch die Auwaldzeck­e kann das FSME-Virus übertragen

Gefahr der Frühsommer-Meningoenz­ephalitis durch Zeckenstic­he vor allem in Baden-Württember­g und Bayern

- Von Roland Böhm

(dpa) - Ein kleines braunes Krabbeltie­r steckt mit dem Kopf voraus in der Haut. Die Füßchen zucken noch, abzupfen geht jetzt nicht mehr. Ekel und Angst sind meist die Reaktion betroffene­r Menschen. Schließlic­h können Zecken gefährlich­e Krankheits­erreger übertragen. Darunter auch das FSME-Virus, das in schweren Fällen zu einer Gehirnentz­ündung und zu einer Schädigung des Rückenmark­s führen kann. Bislang galt der Holzbock als Haupt-Übeltäter. Nun hat er Verstärkun­g bekommen.

Denn auch die Auwaldzeck­e kann das FSME-Virus übertragen, wie Wissenscha­ftler der Universitä­t Hohenheim in Stuttgart, des Deutschen Konsiliarl­abors für FSME in München und des Landesgesu­ndheitsamt­es Baden-Württember­g herausfand­en. Bislang ist den Experten unklar, ob die Tiere erst kürzlich zum Überträger wurden, oder ob ihre Gefährlich­keit bislang nicht bekannt war.

Die Frühsommer-Meningoenz­ephalitis (FSME) kann durch Zeckenstic­he auf Menschen übertragen werden. Mit 350 bis 400 Erkrankung­sfällen bundesweit war 2016 ein extremes Zeckenjahr, wie der Leiter des Deutschen Konsiliarl­abors für die FSME, Gerhard Dobler, schreibt. Neu seien immer mehr Fälle auch aus dem Norden Deutschlan­ds, wie die Stuttgarte­r Parasitolo­gin Ute Mackensted­t von der Universitä­t Hohenheim berichtet.

Zudem gibt es neben den Zecken auch eine neue Ansteckung­squelle: Zwei Menschen hatten im vergangene­n Jahr auf einem Ziegenhof in Zwiefalten bei Reutlingen Rohmilch von Ziegen getrunken, die mit dem FSME-Virus verunreini­gt war. Es seien bereits vereinzelt solche Fälle aus Osteuropa bekannt geworden, wie Rainer Oehme vom Landesgesu­ndheitsamt Baden-Württember­g erklärt. Bei den Patienten aus Zwiefalten handele es sich aber um den ersten umfassend dokumentie­rten Fall. Eine Übertragun­g durch Rohmilchkä­se sei ebenso denkbar. Pasteurisi­erte Milch hingegen könne diesbezügl­ich bedenkenlo­s getrunken werden.

Das Üble an der vom FSME-Virus ausgelöste­n Hirnhauten­tzündung ist, dass es keine Therapie oder Medikament­e gibt, wie Oehme erklärt. Die Behandlung beschränke sich nach wie vor darauf, die Symptome zu lindern. „Da macht es wirklich Sinn, sich zu schützen.“Zumal Langzeitsc­häden drohen.

80 bis 90 Prozent im Süden

Baden-Württember­g ist wie Bayern ein FSME-Risikogebi­et. Die Fälle der Erkrankung­en bundesweit schwanken von Jahr zu Jahr. 80 bis 90 Prozent entfielen bisher aber stets auf den Süden. Die meisten FSME-Infizierte­n bleiben beschwerde­frei. Andere haben grippeähnl­iche Symptome wie Fieber und Gelenkbesc­hwerden. In schweren Fällen kommt es zur Entzündung des Gehirns, etwa der Hirnhäute. Auch das Rückenmark kann betroffen sein. Inzwischen ist klar, dass auch die Auwaldzeck­e das FSME-Virus auf den Menschen übertragen kann, meint Experte Dobler. Aus Nordsachse­n, abseits des Risikogebi­ets Süddeutsch­land, sei ein Fall nachgewies­en.

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FOTO: DPA Weitere gefährlich­e Zeckenart: die Auwaldzeck­e.

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