Auch die Auwaldzecke kann das FSME-Virus übertragen
Gefahr der Frühsommer-Meningoenzephalitis durch Zeckenstiche vor allem in Baden-Württemberg und Bayern
(dpa) - Ein kleines braunes Krabbeltier steckt mit dem Kopf voraus in der Haut. Die Füßchen zucken noch, abzupfen geht jetzt nicht mehr. Ekel und Angst sind meist die Reaktion betroffener Menschen. Schließlich können Zecken gefährliche Krankheitserreger übertragen. Darunter auch das FSME-Virus, das in schweren Fällen zu einer Gehirnentzündung und zu einer Schädigung des Rückenmarks führen kann. Bislang galt der Holzbock als Haupt-Übeltäter. Nun hat er Verstärkung bekommen.
Denn auch die Auwaldzecke kann das FSME-Virus übertragen, wie Wissenschaftler der Universität Hohenheim in Stuttgart, des Deutschen Konsiliarlabors für FSME in München und des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg herausfanden. Bislang ist den Experten unklar, ob die Tiere erst kürzlich zum Überträger wurden, oder ob ihre Gefährlichkeit bislang nicht bekannt war.
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) kann durch Zeckenstiche auf Menschen übertragen werden. Mit 350 bis 400 Erkrankungsfällen bundesweit war 2016 ein extremes Zeckenjahr, wie der Leiter des Deutschen Konsiliarlabors für die FSME, Gerhard Dobler, schreibt. Neu seien immer mehr Fälle auch aus dem Norden Deutschlands, wie die Stuttgarter Parasitologin Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim berichtet.
Zudem gibt es neben den Zecken auch eine neue Ansteckungsquelle: Zwei Menschen hatten im vergangenen Jahr auf einem Ziegenhof in Zwiefalten bei Reutlingen Rohmilch von Ziegen getrunken, die mit dem FSME-Virus verunreinigt war. Es seien bereits vereinzelt solche Fälle aus Osteuropa bekannt geworden, wie Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg erklärt. Bei den Patienten aus Zwiefalten handele es sich aber um den ersten umfassend dokumentierten Fall. Eine Übertragung durch Rohmilchkäse sei ebenso denkbar. Pasteurisierte Milch hingegen könne diesbezüglich bedenkenlos getrunken werden.
Das Üble an der vom FSME-Virus ausgelösten Hirnhautentzündung ist, dass es keine Therapie oder Medikamente gibt, wie Oehme erklärt. Die Behandlung beschränke sich nach wie vor darauf, die Symptome zu lindern. „Da macht es wirklich Sinn, sich zu schützen.“Zumal Langzeitschäden drohen.
80 bis 90 Prozent im Süden
Baden-Württemberg ist wie Bayern ein FSME-Risikogebiet. Die Fälle der Erkrankungen bundesweit schwanken von Jahr zu Jahr. 80 bis 90 Prozent entfielen bisher aber stets auf den Süden. Die meisten FSME-Infizierten bleiben beschwerdefrei. Andere haben grippeähnliche Symptome wie Fieber und Gelenkbeschwerden. In schweren Fällen kommt es zur Entzündung des Gehirns, etwa der Hirnhäute. Auch das Rückenmark kann betroffen sein. Inzwischen ist klar, dass auch die Auwaldzecke das FSME-Virus auf den Menschen übertragen kann, meint Experte Dobler. Aus Nordsachsen, abseits des Risikogebiets Süddeutschland, sei ein Fall nachgewiesen.