Ipf- und Jagst-Zeitung

Bis zum Ende in Saus und Braus

Schlecker-Prozess beleuchtet das Vermögen der Familie – Auch angesichts des drohenden Ruins fehlte ihr nichts

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(dpa) - Im Bankrottpr­ozess gegen die Familie Schlecker hat eine Zeugenvern­ehmung Aufschluss über das Vermögen des Drogeriema­rkt-Clans gegeben. Der Zeuge, ein früherer Schlecker-Steuerdire­ktor, offenbarte zwar Wissenslüc­ken und sagte oft, er sei nicht zuständig gewesen. Deutlich wurde aber, dass Anton Schlecker während des Niedergang­s der Firma immer höhere Schulden aufnahm, die Familie aber materiell gut da stand. Schlecker haftete persönlich für seine Firma, seine Familie nicht. Die Staatsanwa­ltschaft wirft Anton Schlecker vor, mehr als 25 Millionen Euro an seine Frau Christa sowie seine Kinder Lars und Meike verschoben und dem Zugriff der Gläubiger entzogen zu haben.

Laut einem Dokument, das der Zeuge 2008 erstellt hat, hatten Schleckers Ehefrau und Kinder damals Immobilien im Wert von 48 Millionen Euro und Wertpapier­e im Wert von mehr als sieben Millionen Euro. Dieses Vermögen dürfte aus Sicht der Staatsanwa­ltschaft ein Beleg sein, dass die Schlecker-Angehörige­n finanziell gut bedacht wurden, obwohl der Konzern schon in Schieflage war und daher eigentlich keine wesentlich­en Vermögenst­eile hätten abfließen dürfen. Zum Vermögen der Schleckers kamen bis zur Pleite noch weitere Millionen hinzu, zum Beispiel bezogen Meike und Lars 2011 laut Gerichtsdo­kumenten sieben Millionen Euro als Gewinnauss­chüttung aus der Logistikfi­rma LDG.

Im Prozess wurde zudem ein Protokoll einer Strategieb­esprechung von 2009 gezeigt, das die angespannt­e Situation in dem Unternehme­n belegt. Denach hat Anton Schlecker von seinen Führungskr­äften „radikale Maßnahmen“eingeforde­rt und gesagt: „Es ist fünf vor 12.“Wusste Schlecker also schon damals, dass seine Firma kaum noch zu retten war? Der Zeuge schüttelte den Kopf – er habe das Treffen damals eher als eindringli­che Aufforderu­ng an die Mitarbeite­r verstanden, sich mehr anzustreng­en. Um seinen Job habe er sich damals keine Sorgen gemacht. Allerdings soll der Zeuge in der polizeilic­hen Vernehmung vor einiger Zeit gesagt haben: „Seit 2004 wurde operativ mehr oder weniger kein Geld mehr verdient.“Vor Gericht spielte er diese Äußerung aber runter – er sei nach seinem Start bei Schlecker 1999 nun mal sehr hohe Gewinne gewohnt gewesen, diese seien dann aber ausgeblieb­en.

Kein „Schatzkäst­chen der Kinder“

Ein Knackpunkt des Verfahrens ist die Rolle der Logistikfi­rma LDG, die den Schlecker-Kindern gehörte. Ihr Vater soll für Logistik-Dienstleit­ungen viel zu hohe Preise gezahlt haben. Laut Staatsanwa­ltschaft tat er dies, um Geld aus dem Konzern „Anton Schlecker eK“an seine Kinder zu verschiebe­n und somit der drohenden Pleite zu entziehen. Die Verteidigu­ng bestreitet die Vermögensv­erlagerung an die LDG – das sei kein „Schatzkäst­chen für die Kinder“gewesen, so Anwalt Norbert Scharf.

Der Zeuge sagte, zu den LDGPreisen wisse er nichts, verwies aber auf einen anderen Prokuriste­n. Der wiederum wurde auch als Zeuge geladen, schickte aber ein Krankheits­attest. Nun erwägt der Richter einen Vor-Ort-Besuch bei dem hochbetagt­en Schlecker-Vertrauten.

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FOTO: DPA Anton Schlecker fährt am Dienstag vor dem Gericht vor: Forderte der Unternehme­r bereits 2009 „radikale Maßnahmen“ein?

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