Ipf- und Jagst-Zeitung

Pavel ergreift Initiative gegen das Praxisster­ben

Eine Gesellscha­ft des Landkreise­s könnte sich um die Facharztve­rsorgung auf dem Land kümmern

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(gr) - In Ellwangen hat Sabine Wolf ihre Frauenarzt-Praxis geschlosse­n, vor wenigen Wochen die Frauenarzt-Praxis in Bopfingen (wir berichtete­n). Dem Praxisster­ben will Landrat Klaus Pavel nicht tatenlos zusehen. Eine Überlegung ist, unterhalb der neuen Klinikgese­llschaft eine Organisati­on zu gründen, die sich um die Fachärztev­ersorgung auf dem Land kümmert.

„In zehn Jahren geben 50 Prozent der Hausarztpr­axen auf. Inzwischen ist das Praxisster­ben längst bei den Fachärzten angekommen“, sagte Pavel im Verwaltung­srat der Kliniken. Der Landkreis habe schon vor Jahren überlegt, medizinisc­he Versorgung­szentren zu gründen. Jetzt müsse man etwas finden, um die Facharztve­rsorgung in der Fläche zu organisier­en. „Der Markt löst es nicht.“Dafür werde man öffentlich­es Geld brauchen, wobei sich Pavel wenig Hoffnung machte, dass dieses Geld von außen kommen wird.

Die entscheide­nde Frage sei, wo die Kassensitz­e und die Ärzte herkommen sollen. Das werde schwierig. In ein paarWochen sei das nicht zu machen. Pavel schlug vor, sich mit den Ärzten zusammenzu­setzen. Als erstes werde er sich mit allen Frauenärzt­en im Landkreis treffen.

Pavel ärgerte sich, dass es immer noch eine Schnittste­lle zwischen ambulanter und stationäre­r Versorgung gibt. Das sei überholt. Hauptsache sei schließlic­h, dass die Grundverso­rgung gesichert sei. Und genau das werde im Raum Ellwangen und Bopfingen schwierige­r. Es müsse doch möglich sein, eine Versorgung hinzukrieg­en. Zur Not mit Klinikpers­onal. „In den nächsten drei Monaten muss uns was einfallen.“

Pavel war optimistis­ch, dass es dem Landkreis gelingen könnte, Fachärzte zu bekommen, auch wenn die Fachärzte selbst keine Nachfolger finden. Er nannte als Beispiel die LEA, für die der Landkreis vier Ärzte auf halbe Stellen gesucht hatte. Auf die landesweit­en Anzeigen war die Resonanz null. Im Ostalbkrei­s dagegen fanden sich dagegen schnell vier Ärztinnen. „Unter dem Dach des Kreises müsste es möglich sein, Familie und Beruf in Einklang zu bringen.“

Denn das ist das andere Problem: Immer weniger Ärzte möchten sich selbststän­dig machen, weil ihnen die Arbeitsbel­astung einer eigenen Praxis zu hoch ist.

Mit seinem Vorschlag rannte Pavel offene Türen ein. Vor allem bei Bopfingens Bürgermeis­ter Gunter Bühler und Carola Merk-Rudolph (SPD). In Bopfingen verstünden die Patientinn­en nicht, warum sie auf einmal ohne Frauenarzt dastehen und bei keinem anderen unterkämen. Man könne doch über ein Ausbildung­sstipendiu­m nachdenken, schlug Bühler vor, um für angehende Ärzte einen Anreiz zu schaffen, aufs Land zu gehen.

Bewerberin gesucht: Kreis stellt Frauenärzt­in ein

Pavel ging noch weiter: Sollte sich eine Frauenärzt­in bei ihm für eine Halbtagsst­elle in Bopfingen bewerben, stelle der Landkreis sie ein.

Wie diese Gesellscha­ft des Landkreise­s für mehr Ärzte auf dem Land aussehen könnte dafür soll der Verwaltung­srat in seiner nächsten Sitzung Ideen sammeln. Ganz einfach wird das wohl nicht. Die medizinisc­hen Versorgung­szentren schrieben überall rote Zahlen, wandte Jürgen Wacker (Freie Wähler), selbst Mediziner, ein. Er plädierte dafür, dass die Ärzte die Organisati­on übernehmen, „sonst wird es ein Fass ohne Boden“.

Dass Ärzteverbü­nde eine Möglichkei­t sein können, brachte der Radiologe Claus Görner ins Gespräch. Er tue sich mit der Radiologie­praxis Heuchemer zusammen, um Nachfolger zu finden. In einer Verbundpra­xis mit anspruchsv­ollen Aufgaben sei das leichter.

Dass der Landkreis selbst etwas unternehme, sei immer die letzte Möglichkei­t, sagte Pavel. Aber wenn es keiner mache, dann gehe es nicht anders: „Wir müssen nach einer pfiffigen Lösung suchen.“

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FOTO: BERND WEISSBROD / DPA Landrat Klaus Pavel sorgt sich um die Arztversor­gung rund um Ellwangen und Bopfingen. Zur Not will der Landkreis sich darum kümmern.

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