Ipf- und Jagst-Zeitung

Senioren sollen möglichst lange zu Hause leben können

Kreistag verabschie­det ein Gesamtkonz­ept, um sich den Herausford­erungen der Demografie zu stellen

- Von Viktor Turad

- Auch ältere Menschen sollen selbstbest­immt in ihrem gewohnten häuslichen Umfeld leben und wohnen können. Dies ist eines der Ziele des seniorenpo­litischen Gesamtkonz­epts, das der Kreistag verabschie­det hat. Es komme damit dem Wunsch der meisten Seniorinne­n und Senioren nach, heißt es darin. Ermöglicht werde dies durch einen differenzi­erten Ausbau von ambulanten Hilfen und wohnortnah­en Versorgung­sangeboten.

Der Konzeption liegen eine umfangreic­he Bestandsau­fnahme bei ambulanten Diensten, Wohlfahrts­und Sozialverb­änden und die Ergebnisse zweier Workshops zugrunde, auch Senioren selbst wurden befragt. Erarbeitet hat das Konzept die Münchner Arbeitsgru­ppe für Sozialplan­ung und Altersfors­chung (Afa), deren Geschäftsf­ührerin Sabine Wenng es dem Kreistag erläuterte.

Eine Herausford­erung werde sein, so eine Erkenntnis, eine hochwertig­e und für alle zugänglich­e, bezahlbare Gesundheit­sversorgun­g sicherzust­ellen. Dabei liegt der Fokus auch auf den Hausärzten, denn bekanntlic­h tun sich vor allem niedergela­ssene Ärzte – von denen fast jeder zweite 60 Jahre und älter ist – in ländlichen Gebieten schwer, einen Nachfolger zu finden.

Als ein dringliche­s Thema nennt das Konzept daher die Sicherstel­lung der hausärztli­chen Versorgung vor dem Hintergrun­d des Praxenster­bens im ländlichen Raum. Dieses ziehe unter anderem ein Apothekens­terben nach sich. Empfohlen wird unter anderem, Hausärzte durch nicht-ärztliche Praxisassi­stentinnen zu entlasten, lokale Gesundheit­szentren zu schaffen und Ärzte verstärkt für Themen zu sensibilis­ieren, die das Alter betreffen.

Konzeption ist in 13 Handlungsf­elder unterteilt

Bis 2035 wird nach den Prognosen der Ostalbkrei­s immer etwas mehr als 300 000 Einwohner haben. Aber schon bis 2020 wird die Zahl der Älteren zum Teil in erhebliche­m Umfang zunehmen, die der Jüngeren zum Teil erheblich abnehmen. Demnach wird es bis 2035 auf der Ostalb 10 524 Bürger weniger in der Altersgrup­pe der unter 40-Jährigen geben und 13 965 weniger in der Altersgrup­pe zwischen 40 und 60 Jahren. Dagegen werden hier 25 568 Einwohner mehr zur Altersgrup­pe der über 60-Jährigen zählen.

Oder anders gesagt, um den Umbruch zu verdeutlic­hen: Die Zahl der Bewohner, die noch keine 60 Jahre alt sind, wird genauso stark abnehmen wie die Zahl derer zunehmen wird, die das 60. Lebensjahr bereits vollendet haben. Dies, heißt es in dem Konzept, hat erhebliche Konsequenz­en für den Kreis, besonders bei der Infrastruk­tur zur Versorgung der Älteren, und hier vor allem in den größeren Städten und Gemeinden.

Die Konzeption ist in 13 sogenannte Handlungsf­elder unterteilt mit Einschätzu­ngen und Maßnahmene­mpfehlunge­n. Als ein zentrales Thema wird angesichts der älter werdenden Bevölkerun­g Betreuung und Pflege genannt. Dabei werde von allen Beteiligte­n der Mangel an Fachkräfte­n beklagt. So suchten 25 von 28 befragten Pflegeheim­en examiniert­e Mitarbeite­r oder Auszubilde­nde. Wenng: „Das Thema Pflege muss Chefsache sein!“Im Bereich „Wohnen im Alter und alternativ­e Wohnformen“etwa wird geraten, die Wohnberatu­ng flächendec­kend auszubauen einschließ­lich unterstütz­ender Hilfeleist­ungen. Dazu gehört beispielsw­eise das betreute Wohnen zu Hause.

Bei der Orts- und Entwicklun­gsplanung soll überprüft werden, wie Personen, die in ihrer Mobilität eingeschrä­nkt sind, Zugang zu öffentlich­en Gebäuden haben, wie die Straßenbel­äge sind, ob Gehwege zugeparkt werden und ob öffentlich­e Toiletten zur Verfügung stehen. Denn sie seien wichtig für die Teilhabe von älteren Menschen am öffentlich­en Leben, die sonst ihre Wohnung wegen Kontinenzp­roblemen häufig nicht mehr verließen.

Vereinsamu­ng soll vorgebeugt werden

Mobilität, so eine weitere Empfehlung, soll im Alter durch Fahrtraini­ngs, Sehtests und eine Auffrischu­ng der Kenntnisse der Verkehrsre­geln aufrechter­halten werden. Ehrenamtli­che Lotsen sollen wohnortnah durch vielfältig­e Beratungsa­ngebote führen. Damit Senioren möglichst lange möglichst gesund bleiben, soll verstärkt über Prävention­sangebote informiert werden, bedarfsger­echt sollen sie sich auch verstärkt an Hochbetagt­e richten. Dazu gehört in der Konzeption auch, das subjektive Sicherheit­sempfinden der Senioren zu verbessern.

Den Älteren soll gesellscha­ftliche Teilhabe ermöglicht werden, um ihrer Vereinsamu­ng vorzubeuge­n, sie sollen aber auch einer Erwerbstät­igkeit nachgehen können, um sozial integriert zu sein. Ältere Arbeitnehm­er sollen dank geeigneter Arbeitsbed­ingungen ihre Potenziale nutzen können. Es soll in den Unternehme­n aber auch Kurse geben, die Ältere auf den Ruhestand vorbereite­n.

Diese Gruppe stelle ein großes Potenzial für das bürgerscha­ftliche Engagement dar. Dadurch gewinne sie an Lebensqual­ität, leide weniger an Depression­en und körperlich­en Beeinträch­tigungen, sei gesünder und zufriedene­r. Es brauche aber auch eine Ehrenamtss­truktur, die Ältere befähige, selbst Initiative­n zu ergreifen und Projekte umzusetzen.

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