Nagelsmann knackt den Bayern-Code
Hoffenheimer fügen dem Spitzenreiter beim 1:0 die zweite Saisonniederlage zu
(SID/dpa) - Mit gesenkten Köpfen verließen Ersatz-Kapitän Arjen Robben und Co. nach der 0:1 (0:1)Niederlage den Rasen, während wenige Meter entfernt Trainer Julian Nagelsmann ausgelassen mit seinen Spielern den historischen ersten Sieg der TSG Hoffenheim gegen Bayern München feierte. Mit fulminantem Fußball hatten die Hoffenheimer eine Woche vor dem Champions-LeagueKracher der Bayern gegen Real Madrid einige Schwachstellen beim Rekordmeister aufgedeckt, der ohne den ganz großen Siegeswillen agierte und damit den Gastgebern die Tür zur Champions League weit aufstieß.
„Die Bayern zu besiegen, klingt sehr gut. Der Club hat lange darauf gewartet. Wir hätten das Spiel früher entscheiden können, aber es war ein sehr gutes Spiel von uns“, sagte Nagelsmann bei Sky: „Wir wollen den Weg noch weitergehen. Wir schauen auf uns.“1899-Mehrheitseigner Dietmar Hopp erklärte freudestrahlend kurz nach dem Abpfiff: „Ein Unentschieden hätte mich schon glücklich gemacht. Der Sieg ist für mich unfassbar. Das war ein ganz großer Schritt Richtung Europa.“
„Das darf uns natürlich nicht passieren“, sagte Robben: „In der zweiten Halbzeit war es viel besser, aber der Ball geht nicht rein heute. Der Vorsprung ist immer noch groß, aber das war unnötig.“Für die Bayern war es die erste Niederlage in der Liga seit 136 Tagen, das Polster des Tabellenführers auf die Verfolger ist dennoch weiter beruhigend.
Andrej Kramaric (21.) hatte zuvor für die TSG getroffen und damit auch den 100. Bundesliga-Sieg der Kraichgauer perfekt gemacht. Zudem blieb Hoffenheim in dieser Saison zu Hause weiter ungeschlagen (14 Spiele – Clubrekord). Für den FCB, der es am kommenden Samstag mit Borussia Dortmund und vier Tage später im Hinspiel des Champions-LeagueViertelfinals mit Real Madrid zu tun bekommt, traf Top-Torjäger Robert Lewandowski (45.) nur die Latte.
Dass die Münchner im Kraichgau ein Duell auf Augenhöhe erwarten würde, hatte sich im Vorfeld angedeutet. Zum einen untermauerte die TSG zuletzt ihre Champions-LeagueAmbitionen und bestach auch am Dienstag vor 30 150 Zuschauern in der ausverkauften Arena durch attraktives Offensivspiel. Auf der anderen Seite krempelte Bayern-Coach Carlo Ancelotti sein Team angesichts von neun Partien im April und den bevorstehenden Krachern kräftig um. Im Vergleich zum 6:0 am Wochenende gegen den FC Augsburg veränderte der Italiener seine Startelf auf sieben Positionen – unter anderem wurden Kapitän Philipp Lahm sowie Taktgeber Thiago geschont, Weltmeister Thomas Müller fehlte verletzt. Die zahlreichen Veränderungen machten sich dann auch schnell bemerkbar.
Immer wieder unterliefen den Gästen im Spielaufbau ungewohnte Abspielfehler, welche die unerschrockenen Hoffenheimer zu gefährlichen Gegenstößen nutzten: Der formstarke Kramaric (2./8.) sowie Nadiem Amiri (9.) verpassten allerdings aus aussichtsreichen Positionen die frühe Führung knapp.
Als die Gäste allmählich besser ins Spiel kamen, erzielte Kramaric nach einer Münchner Fehlerkette seinen elften Saisontreffer. Der Kroate zog nach einem zu kurzen Klärungsversuch von Mats Hummels entschlossen ab und profitierte dazu von einer missglückten Faustabwehr des Münchner Torhüters Sven Ulreich, der erneut den verletzten Manuel Neuer vertrat.
Die Führung bestärkte die Hoffenheimer nur noch mehr in ihrem Bestreben. Vor allem der künftige Münchner Sebastian Rudy zeichnete sich im Mittelfeld immer wieder durch kluge Aktionen aus, er war Dreh- und Angelpunkt der zahlreichen TSG-Angriffe. Am Ende eines solchen hatte Kerem Demirbay (40.) das 2:0 auf dem Fuß. Auf der Gegenseite scheiterte Robert Lewandowski kurz vor Pause an der Latte.
Nach dem Seitenwechsel erinnerte das Spiel der Münchner dann an die Dominanz der vergangenen Wochen. Vor allem nach der Hereinnahme von Franck Ribéry drehten die Gäste auf und rannten entschlossen dem Rückstand hinterher, konnten die zweite Saison-Niederlage nach dem 0:1 bei Borussia Dortmund am 11. Spieltag aber nicht mehr abwenden.
„In der ersten Hälfte hat uns Hoffenheim ein bisschen überrascht. Wir waren nicht so kompakt. In der zweiten Halbzeit wurde es deutlich besser, aber manchmal muss man im Fußball dafür bezahlen, was man nicht so gut gemacht hat. Wir haben für die erste Halbzeit bezahlt“, meinte Ancelotti.