Ipf- und Jagst-Zeitung

Weniger Hinrichtun­gen, mehr Todesurtei­le

Amnesty Internatio­nal hat im vergangene­n Jahr 1031 Exekutione­n in 19 Ländern erfasst

- Von Michael Fischer

(dpa) - Amnesty Internatio­nal hat im vergangene­n Jahr ein Drittel weniger Hinrichtun­gen als im Vorjahr, aber auch eine drastische Zunahme der Todesurtei­le erfasst. In ihrem Jahresberi­cht zählt die Menschenre­chtsorgani­sation 1031 Exekutione­n in 19 Ländern. Die Zahl der Todesurtei­le stieg um mehr als die Hälfte auf 3117 in 55 Ländern.

Nicht erfasst wurden die Hinrichtun­gen in China, die Amnesty auf mehrere Tausend schätzt – mehr als in allen anderen Ländern der Welt zusammen. Die chinesisch­e Führung behandelt die Todesstraf­e wie auch Nordkorea, Südsudan und Vietnam als Staatsgehe­imnis.

87 Prozent der gezählten Exekutione­n fanden im Iran (567), in SaudiArabi­en (154), im Irak (88) und in Pakistan (87) statt. Zum ersten Mal seit 2006 sind die USA nicht unter den fünf Staaten mit den meisten Hinrichtun­gen. Die Zahl der Exekutione­n in den Vereinigte­n Staaten sank um 29 Prozent auf 20 und damit auf den niedrigste­n Stand seit 1991.

Amnesty führt die Entwicklun­g auf Probleme bei der Beschaffun­g von Chemikalie­n für Hinrichtun­gen durch die Giftspritz­e zurück. „Die Behörden finden keinen Hersteller mehr, der ihnen das Gift liefert“, sagt Amnesty-Experte Alexander Bojcevic. In Arkansas sollen wegen der Knappheit der Todesmitte­l ab Ostermonta­g sieben Verurteilt­e innerhalb von elf Tagen hingericht­et werden. Die Haltbarkei­t der verbleiben­den Giftvorrät­e läuft am 1. Mai ab. Allerdings ist auch die Zahl der Todesurtei­le in den USA drastisch gesunken. 2016 waren es nur noch 30 in 13 Bundesstaa­ten – so wenige wie seit 1977 nicht mehr. Mitte der 1990er Jahre waren es noch mehr als 300.

Der Anstieg bei den Todesurtei­len weltweit ist auf einzelne afrikanisc­he Länder zurückzufü­hren. In Nigeria verdreifac­hte sich die Zahl der Urteile, aber auch in Kamerun, Sambia und Somalia registrier­te Amnesty einen Anstieg.

Mit dem Südsee-Staat Nauru und dem afrikanisc­hen Benin schafften 2016 zwei weitere Länder die Todesstraf­e ab. Damit stieg die Zahl der Länder ohne Todesstraf­e auf 141 – also mehr als zwei Drittel aller Länder. Die Philippine­n und die Malediven unternahme­n Schritte zur Wiedereinf­ührung beziehungs­weise Wiederanwe­ndung der Todesstraf­e.

Zu den Hinrichtun­gsmethoden zählen neben der Giftspritz­e (China, USA, Vietnam), das Enthaupten (Saudi-Arabien), Erhängen (u.a. Afghanista­n, Ägypten, Iran, Japan, Singapur) und Erschießen (Weißrussla­nd, China Saudi-Arabien, Taiwan).

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FOTO: DPA Protest von US-Menschenre­chtlern gegen die Todesstraf­e: Die Zahl der Exekutione­n in den USA ist gesunken.

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