Ipf- und Jagst-Zeitung

„Wir sind nicht allein“

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- In Ungarn läuft eine Volksbefra­gung über das Verhältnis Ungarns zur EU. Rudolf Gruber hat mit Regierungs­sprecher Zoltán Kovács (Foto: AFP) gesprochen.

Ungarn kassiert jährlich mehr als vier Milliarden Euro EU-Förderung. Ist die Volksbefra­gung nicht widersprüc­hlich?

Die Fragen der „Nationalen Konsultati­on“, wie wir die Aktion nennen, sind für Ungarn von grundlegen­der Bedeutung. Wir machen das nicht, um gegen die EU zu agieren, sondern im eigenen Interesse. Die letzten sechs Jahre haben bestätigt, dass wir mit unseren Standpunkt­en recht hatten. Und wir sind nicht allein: Auch bei diesen Themen, die wir jetzt zur Frage stellen, werden wir von den übrigen drei Visegrad-Staaten unterstütz­t.

Die Regierung erweckt den Eindruck, das Gemeinscha­ftsrecht abzulehnen, sodass man sich fragt: Wann beschließt Ungarn den EU-Austritt?

Das ist Quatsch. Die Anzahl der Vertragsve­rletzungsv­erfahren ist gar nicht sehr hoch. Von Austritt kann keine Rede sein. Die „Nationale Konsultati­on“ist einfach ein bewährtes Instrument, die Meinung der ungarische­n Bevölkerun­g zu erkunden. Das hilft der Regierung.

Es geht unter anderem um Migrations-, Energie- und Steuerpoli­tik, bei der die Regierung ihre nationale Selbstbest­immung längst gesetzlich umsetzt. Warum noch eine Volksbefra­gung? Um gegen die EU zu mobilisier­en?

Das behauptet die Opposition. Für die Regierung ist es wichtig, dass die EU als demokratis­che Gemeinscha­ft keine Maßnahmen beschließt, die Mitgliedss­taaten benachteil­igen. Beispiel Energiepol­itik: Wir müssen selbst jenes Preisnivea­u bestimmen können, das sich unser Land leisten kann. Ginge es nach dem internatio­nalen Markt, müssten die Ungarn für Strom und Gas dreimal mehr bezahlen als die Deutschen.

Moskau gewährt für den Ausbau des AKW Paks einen 10-Milliarden-Euro-Kredit. Warum macht sich Ungarn so abhängig?

Wie steht es um die Abhängigke­it Deutschlan­ds, das mit Russland das Nordstream-Projekt umsetzt? Für Ungarn ist Paks ohne Alternativ­e, der wichtigste Energiever­sorger, das bestreitet nicht einmal die Opposition. Doch wo waren die westlichen Anbieter, die uns ähnlich günstige Konditione­n geboten hätten wie Russland? Auch die EU hat sich in den letzten zehn Jahren nicht um alternativ­e Wege bemüht.

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