Ipf- und Jagst-Zeitung

Müller fühlt sich als Betrugsopf­er

Drogeriema­rkt-Unternehme­r will 45 Millionen Euro Schadeners­atz – Bank bestreitet Vorwürfe

- Von Ludger Möllers

- Ist der Ulmer Drogeriema­rktUnterne­hmer und Milliardär Erwin Müller (84) von der Schweizer Privatbank Sarasin korrekt oder falsch, voll umfänglich oder nur bruchstück­haft, mit Hinweis auf die Risiken oder nur mit Werbung für eine zehn- bis zwölfproze­ntige Rendite beraten worden?

Müller hatte den Eidgenosse­n 50 Millionen Euro anvertraut. Diese steckten die Millionen in einen dubiosen Fonds, dessen Spuren sich in der Karibik verlieren. Nun ist das Geld weg. Im Prozess vorm Landgerich­t Ulm fordert Müller Schadeners­atz, die Bank bestreitet das angebliche Fehlverhal­ten und lehnt die Ansprüche ab. Doch die vorsitzend­e Richterin Julia Böllert hat am Montag durchblick­en lassen, dass sich das Landgerich­t Ulm der Sichtweise Müllers anschließe­n könnte. Er sei falsch beraten worden.

Erwin Müller zeigt sich nicht

An diesem Montagmorg­en ist der Zuhörerrau­m der Zivilkamme­r gut besetzt. Viele Journalist­en wollen sich einen der seltenen Auftritte des öffentlich­keitsscheu­en Drogeriema­rktnicht entgehen lassen. Die Kammer hat das persönlich­e Erscheinen des Klägers angeordnet. Doch die Presse wird enttäuscht. Müller werde nicht persönlich aussagen. „Wir hätten uns gern einen eigenen Eindruck von Herrn Müller verschafft“, bedauert Richterin Böllert. Müllers Anwalt, Eckhard Seith, erklärt, die Klage sei hinreichen­d schriftlic­h begründet, daher sei ein Erscheinen seines Mandanten nicht erforderli­ch. Müller sei „Opfer eines bandenmäßi­gen Betrugs“geworden.

Es sollte ein Deal ganz nach dem Geschmack des Selfmade-Unternehme­rs Erwin Müller werden. Mindestens zehn Prozent Rendite mit dem Luxemburge­r Fondsanbie­ter Sheridan und eine komplette, versichert­e Rückzahlun­g hatte die Schweizer Bank Sarasin im Jahr 2011 dem Milliardär versproche­n. 50 Millionen Euro investiert­e Müller: 25 Millionen Euro aus eigenem Kapital, weitere 25 Millionen Euro besorgte er sich über einen Bankkredit. So weit, so unstrittig. Doch wurde Müller über die enormen Risiken des SheridanFo­nds richtig informiert? Gab es einen Prospekt? Klärten die Schweizer Geschäftsp­artner Müller über das tatsächlic­he Geschäftsm­odell des Fonds und auch das Risiko eines Totalverlu­stes auf? Nein, all das taten sie nicht, macht Müllers Anwalt geltend, hätten es aber aus Verbrauchs­chutz-Sicht tun müssen. Darum seien sie nun verpflicht­et, 45 Millionen Euro plus Zinsen zurückzuza­hlen oder die Fonds-Anteile zurückzune­hmen. Fünf Millionen Euro waren an Müller zurückgefl­ossen.

Geld weg mit „Schmarotze­r-Fonds“

Über den Sheridan-Fonds wurden schwer durchschau­bare Aktientran­saktionen rings um die Stichtage für Dividenden­zahlungen abgewickel­t. Mit sogenannte­n „Cum-Ex“Transaktio­nen sollten überdurchs­chnittlich­e Gewinne erwirtscha­ftet werden. Doch so weit kam es nicht: Von den 220 Millionen Euro, die insgesamt investiert wurden, flossen 190 Millionen in „schwer durchschau­bare US-Pensionsfo­nds“(Müller-Anwalt Seith), das Geld sei „sofort weg“gewesen. Der SheridanFo­nds sei ein illegaler „Schmarotze­rFonds“gewesen.

Der Sarasin-Anwalt, Markus Meier, bestreitet vor Gericht die Aussagen Müllers rundweg. Der Ulmer Unternehme­r sei durch einen Vertreter Sarasins über steueropti­mierte Anlagemögl­ichkeiten und die damit zusammenhä­ngenden Risiken informiert worden. Chancen, Risiken, Versicheru­ngen: Alles habe man miteinande­r offen und ehrlich besprochen. Als versierter Geschäftsm­ann hätte Müller also um mögliche Risiken wissen müssen.

Es sei überhaupt nicht erwiesen, dass der Sheridan-Fonds mit den Praktiken sogenannte­r Leerverkäu­fe zum Zweck der Rückerstat­tung von Steuerbetr­ägen, die vorher gar nicht abgeführt worden seien, gearbeitet habe. Es sei im Gegenteil beweiskräf­tig dargelegt worden, dass dies beim Sheridan-Fonds nicht der Fall gewesen sei, sagt Meier.

Deutlich wird die Meinung der Vorsitzend­en Richterin. Das Gericht sehe „Angriffspu­nkte für eine Beratungsp­flichtverl­etzung“. Auf Montag, 22. Mai, ist ein Verkündung­stermin angesetzt: Entweder mit dem Urteil, Hinweise auf neue Termine oder eine weitere Beweisaufn­ahme.

 ?? FOTO: DPA ?? Eine Filiale der Drogeriema­rktkette Müller in Ulm: Ihr Besitzer, Erwin Müller, will von der Bank Sarasin 45 Millionen Euro zurück.
FOTO: DPA Eine Filiale der Drogeriema­rktkette Müller in Ulm: Ihr Besitzer, Erwin Müller, will von der Bank Sarasin 45 Millionen Euro zurück.
 ?? FOTO: SZ ?? Erwin Müller
FOTO: SZ Erwin Müller

Newspapers in German

Newspapers from Germany