Ipf- und Jagst-Zeitung

Mieter hausen wie die Vandalen

Jutta S. rechnet mit Kosten von vielen Tausend Euro – Als Vermieteri­n fühlt sie sich vollkommen machtlos

- Von Jasmin Amend

- Schon im Hausflur des Mehrfamili­enhauses in Oberkochen riecht es muffig. In der Wohnung dann schlägt einem beißender Gestank entgegen, hier herrscht ein Bild der Verwüstung: leere Katzenfutt­erdosen, offene Brot- und Wurstpacku­ngen, meterhoch gestapelte Spielsache­n, Klamotten und Müllsäcke. Vom Boden ist im Wohn- und im Schlafzimm­er nichts mehr zu erkennen. Stattdesse­n: leere Bier- und Weinflasch­en, Zigaretten­stummel und Asche, schmutzige­s Geschirr. Das Klo ist mit Fäkalien verschmutz­t.

Weil sie sich so ekelt, betritt Vermieteri­n Jutta S. die Wohnung nur noch mit Gasmaske. Vor sieben Jahren war das noch anders: Sie hat die Dreizimmer­wohnung gerade frisch renoviert, als Familie H. einzieht. Über den Familienva­ter sagt die 61jährige Aalenerin: „Er hat mir seinen Arbeitsver­trag gezeigt und einen guten Eindruck auf mich gemacht. Ich hatte keinerlei Bedenken.“Kurz darauf wird er arbeitslos, das Jobcenter übernimmt jedoch die Kosten für Kaution und Miete.

Seit November nicht gezahlt

Im Laufe der Jahre leben zwischenze­itlich zwei Erwachsene, drei Kinder, ein Hund und zwei Katzen in der Wohnung – für S. kein Problem. Doch durch einen Wasserscha­den entdeckt sie zufällig den Zustand der Wohnung: „Ich habe mich zu Tode erschrocke­n.“Im November zieht die Ehefrau mit den Kindern aus, der Mann bleibt zurück und zahlt fortan weder Miete noch Nebenkoste­n. „Im Regio TV begleitet die Entrümpelu­ngsaktion am Mittwoch. Der Beitrag ist am selben Abend ab 18 Uhr auf Regio TV und auf www.schwäbisch­e. zu sehen. Februar habe ich dann Räumungskl­age eingereich­t.“Räumen lassen muss sie ihre Wohnung dann aber doch nicht: Der Mann verschwand vor einigen Tagen von selbst. „Der Strom war abgestellt. Wahrschein­lich hat er die Rechnung nicht bezahlt“, vermutet die Vermieteri­n. Das sei ihr Glück gewesen. Die Tür ließ er offen stehen – nur so konnte sie die Wohnung betreten. „Die Wohnungssc­hlüssel hat er noch heute“, ärgert sich S.

„Bei dem ist nichts zu holen“

Auch bei der Polizei hatte sie kürzlich einen Termin – mit für sie enttäusche­ndem Ausgang: „Sie haben gesagt, das ist eine Privatsach­e“, so S.

Bernhard Kohn vom Polizeiprä­sidium Aalen gibt allerdings an, dass wegen des Straftatbe­stands der Sachbeschä­digung ermittelt werde. „Weil die Miete nicht bezahlt wurde, besteht außerdem die Möglichkei­t eines Mietbetrug­s.“Um ihren Schaden ersetzt zu bekommen, müsse S. allerdings ein Zivilverfa­hren anstrengen: „Die Polizei sorgt nicht dafür, dass Säumnisse beglichen werden oder gar die Wohnung ausgeräumt wird“, erklärt der Polizeispr­echer. Eine Zivilklage kommt für S. aber kaum infrage: „Bei dem ist nichts zu holen.“

Es ist nicht das erste Mal, dass S. Räumungskl­age einreichen musste, weil Mieter die Miete nicht bezahlten. Eine zermürbend­e Geschichte: „Es geht an die Gesundheit.“Deshalb überlegt sie sich, die Wohnung ab sofort leerstehen zu lassen oder zu verkaufen. „Eigentlich sollte die Wohnung meine Altersvors­orge werden. Aber in den vergangene­n Jahren habe ich eher draufgeleg­t.“Dafür gibt sie sich auch selbst die Schuld: „Ich wollte immer sozialvert­räglich vermieten. Das ist aber immer ausgenutzt worden.“Vor allem ärgert sie sich aber über das Rechtssyst­em: „Als Vermieter hat man keinerlei Rechte. Man ist erpressbar ohne Ende.“

Nun hat S. eine Entrümpelu­ngsfirma beauftragt – weitere Kosten, die sie selbst tragen muss. Ihre Rechtsschu­tzversiche­rung habe ihr längst gekündigt, sagt die Aalenerin. Und sie rechnet noch mit weiteren Kosten für Reparature­n und Sanierunge­n. Für ihren Ex-Mieter, so hat inzwischen S. erfahren, war das nicht die erste Wohnung, die er zugemüllt hinterlass­en hat. „Und es wird wahrschein­lich nicht das letzte Mal gewesen sein“, glaubt S.

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FOTOS: JASMIN AMEND/PRIVAT Jutta S. betritt die Wohnung ihres Ex-Mieters in Oberkochen nur noch mit Gasmaske – zu penetrant ist der Gestank. Jeder Raum ist zudem zugemüllt bis obenhin.
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Ein Bild der Verwüstung: In der Küche stapelt sich das Geschirr.
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Das Klo ist mit Fäkalien verschmutz­t.

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