Ipf- und Jagst-Zeitung

Prestigeob­jekt mit Schönheits­fehler

Weiter Streit um Holzbau für Besucherze­ntrum des Nationalpa­rks Schwarzwal­d

- Von Katja Korf

- Der 13. Mai wird ein Termin fürs Fotoalbum. Im Nationalpa­rk Schwarzwal­d legen Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) und weitere Politpromi­nenz des Landes den Grundstein für das neue Besucherze­ntrum, 32 Millionen Euro kostet der Holzbau. Das spektakulä­re Bauwerk soll sichtbar für den Schwarzwal­d werben. Nur: Ob es aus baden-württember­gischem Holz gebaut wird, bleibt fraglich.

Vor mehr als einem halben Jahr mussten sich das Umwelt- und das Finanzmini­sterium erstmals mit dem sperrigen Thema beschäftig­en. Bauherrin ist nämlich Finanzmini­sterin Edith Sitzmann (Grüne). Unter ihrer Ägide steht das Amt für Vermögen und Bau in Pforzheim, das den Bau betreut. Inhaltlich verantwort­lich für den Nationalpa­rk zeichnet Franz Unterstell­er (Grüne). Das Problem: Die Fachleute im Finanzmini­sterium bereiten seit Langem die Ausschreib­ung für die Holzbauten vor. Sie halten sich streng an geltendes EU-Recht. Nach ihrer Auffassung ist es nicht erlaubt, für den Prestigeba­u im Schwarzwal­d nur regionales Holz als Baustoff zu fordern. Das könne Klagen wegen Verstößen gegen das Wettbewerb­srecht nach sich ziehen.

Alaskazede­r aus Nordamerik­a

Nachdem der Allgäuer CDU-Abgeordnet­e Raimund Haser eine Anfrage zum Thema gestellt hatte und die „Schwäbisch­en Zeitung“berichtete, setzte hinter den Kulissen weitere Aktivität ein. Denn grundsätzl­ich wollen alle Beteiligte­n nicht, dass ein Leuchtturm des Landes zum Beispiel aus russischem Holz errichtet wird. So weit wird es nun nicht kommen – das ist die gute Nachricht. Ein Teil des Materials wird definitiv aus der Region kommen. 90 Prozent der Schindeln an der Fassade des Gebäudes stellt der Landesbetr­ieb ForstBW aus staatliche­n Wäldern. Der Bau wird mit Fichte und Alaskazede­r verkleidet. Letztere muss allerdings aus Nordamerik­a importiert werden.

Das Land habe sich dennoch dafür entscheide­n, um den optischen Anforderun­gen des Architekte­n genügen zu können. Heimische Hölzer seien dazu nicht geeinigt gewesen. Denn der Aussichtst­urm soll sich deutlich von den quer liegenden Gebäuderie­geln abheben, er wird einem stehenden Baumstamm ähneln. „In einem intensiven Abwägungsp­rozess hat das Land zugunsten des Entwurfsge­dankens entschiede­n“, teilt das Finanzmini­sterium mit. Der Landtagsab­geordnete Klaus Hoher (FDP) aus dem Bodenseekr­eis hält das aus zwei Gründen für falsch. „Bei der Gestaltung der Außenfassa­de des Turms entscheide­t sich die Landesregi­erung nun nicht für eine kostengüns­tige Stülpschal­ung oder wenigstens im Sinne der Regionalve­rbundenhei­t für Schindeln aus Schwarzwäl­der Fichte, sondern für teure Schindeln aus nordamerik­anischem Zypressenh­olz“, moniert er. Das Kostencont­rolling für den Bau sei aus dem Ruder gelaufen.

Verweis auf EU-Recht

Von ForstBW und damit auf jeden Fall aus Baden-Württember­g stammen außerdem nur rund sieben Prozent des gesamten Bauholzes. Beim Rest konnte man die Ausschreib­ung nach Auffassung der Fachleute nur ein wenig enger fassen als zunächst geplant. ForstBW selbst hätte in der Kürze der Zeit nicht so viel Material liefern können. „Wir haben die ursprüngli­che Ausschreib­ung jedoch so weit eingegrenz­t, wie es aus rechtliche­r Sicht vertretbar ist“, sagt ein Sprecher des Finanzmini­steriums. Damit könnte das Holz nur aus den Nachbarbun­desländern oder maximal aus Frankreich kommen. Eines gilt vielen Verantwort­lichen als besonders unschönes Szenario: Bayern, der große Rivale im Wettlauf um den Spitzenpla­tz unter den Bundesländ­ern, könnte Holz für den heimischen Nationalpa­rkbau liefern.

„Wir hätten es uns auch anders gewünscht, das EU-Recht hat uns aber die Hände gebunden“, sagt der Sprecher von Umweltmini­ster Unterstell­er. Der hatte zuvor deutlich signalisie­rt, dass ihm der geplante Anteil heimischen Holzes zu wenig sei.

Zu Beginn des vergangene­n Jahres hatte die Initiative „Holz von Hier“ein Rechtsguta­chten zum Thema erstellen lassen. Der Aachener Professor Walter Frenz, Experte für Vergaberec­ht, kam zu dem Schluss: Da der Klimaschut­z ein hohes Gut in der EU sei, dürfe man die Wettbewerb­sfreiheit einschränk­en. Schließlic­h sei es wesentlich klimafreun­dlicher, Holz aus der Nähe zu verbauen. Doch dieser Einschätzu­ng wollte man in der Landesregi­erung nicht folgen.

CDU-Mann Haser kommentier­t den Vorgang so: „Offenbar hat meine Anfrage einen Denkprozes­s in Gang gebracht und es hat sich etwas bewegt.“Dennoch ist er nicht restlos überzeugt, dass es keine andere Lösung als die jetzige geben soll. Und: „Mich schockiert noch immer, dass man bei einem solchen Bauprojekt zunächst offenbar gar nicht daran gedacht hat, Holz aus der Region zu beziehen.“

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FOTO: STURM + WARTZECK GMBH Dieses Modell des Architekte­nentwurfs zeigt, wie das Besucherze­ntrum einmal aussehen soll.

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