Ipf- und Jagst-Zeitung

„Anbieter in die Pflicht nehmen“

Sabrina Maroni darüber, wie Eltern Kinder vor Schockbild­ern im Netz schützen können

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- Schockbild­er per Mausklick: Wenn Gewalttate­n wie im Fall des Mörders von Cleveland als Video ins Netz gestellt werden, können Internetnu­tzer ungewollt zu Zeugen grausamer Szenen werden. Bei Internetpl­attformen wie Facebook sind solche Clips Kindern gleicherma­ßen zugänglich wie Erwachsene­n. Im Interview mit Lea Hüttenhofe­r erklärt Sabrina Maroni von der Aktion Jugendschu­tz, wie Eltern verhindern, dass ihr Nachwuchs solche Greueltate­n sieht – und wie man damit umgeht, falls das doch passiert.

Der aktuelle Mord in Cleveland ist nicht die erste Gewalttat, die gefilmt und in einem sozialen Netzwerk veröffentl­icht wird. Solange ein solches Video nicht gesperrt wird, ist es für jeden zugänglich, auch für Minderjähr­ige. Was passiert mit einem Kind, das eine solche Tat im Internet sieht?

Zuerst einmal ist es für jeden – egal ob Kind oder Erwachsene­r – extrem belastend, der so etwas im Internet sieht. Allerdings können Kinder eine solche Tat nicht einordnen: Sie sind noch nicht in der Lage zu reflektier­en, inwiefern sie dies selbst betrifft, inwieweit ihnen auch so etwas geschehen könnte und wie weit dies überhaupt von ihrer eigenen Lebenswelt weg ist. Es kann durchaus sein, dass so eine Tat in der Erinnerung immer wieder hochkommt.

Wie können Eltern ihren Nachwuchs davor schützen, auf solche Inhalte zu stoßen?

Zum einen muss man natürlich die Anbieter von verschiede­nen Plattforme­n in die Pflicht nehmen, dass solche Inhalte gar nicht erst aufkommen und falls doch, konsequent gelöscht werden. User, die solche Inhalte melden, müssen auch wahrgenomm­en werden. Zum anderen sind natürlich die Eltern dafür verantwort­lich, dass ihr Kind sich nicht unbedarft im Netz bewegt. Die Eltern sollten sich auch mal gemeinsam mit dem Kind vor den Laptop oder das Tablet setzen, zusammen surfen und ihnen dabei Medienkomp­etenz vermitteln.

Was können Eltern tun, wenn ihr Kind ein solches Video schon gese- hen hat? Wie können sie ihm helfen, das Gesehene zu verarbeite­n?

Es ist wichtig, dass Eltern sich erstmal dafür bedanken, dass das Kind überhaupt mit diesem Anliegen zu ihnen kommt. Sie sollten es nicht sofort dafür verurteile­n, was es im Internet anklickt, sondern dem Kind eher wertschätz­end begegnen und darüber sprechen. Die Eltern müssen auch darauf gefasst sein, dass das Thema mit einem Gespräch noch nicht abgehakt ist.

Wie kann man Kindern helfen zu erkennen, was sie lieber nicht anklicken und anschauen sollten?

Da komme ich wieder auf das Vorherige zurück: Die Eltern tun gut daran, sich mit den Kindern zu beschäftig­en und das Thema Internet in der Familie zu diskutiere­n. Wenn sie wissen, was ihre Kinder im Netz tun, können sie auch direkt reagieren und sie zum Beispiel für ungeeignet­e Inhalte sensibilis­ieren.

Folgendes Szenario: Das Kind wird von Gleichaltr­igen aufgeforde­rt, ein solches Video anzuschaue­n. Wie verhindert man, dass der Nachwuchs aus Gruppenzwa­ng nachgibt?

Auch hier muss ich wieder auf die Eltern zurückkomm­en. Es ist natürlich wichtig, dass Eltern ihr Kind dazu erziehen, dass es selbststän­dig ist, ein Selbstbewu­sstsein aufbaut und dann auch Nein sagen kann. Das Risiko, dass Kinder Inhalte zu sehen bekommen, die sie nicht sehen sollten, besteht immer. Das kann man leider nicht ausschließ­en.

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FOTO: DPA Luftballon­s in Cleveland (USA) in der Nähe des Ortes, an dem ein 74-jähriger Mann ermordet wurde. Der mutmaßlich­e Täter soll ein Video von der Tat auf Facebook veröffentl­icht haben.

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