Ein Land im Krisenmodus
Arbeitslosigkeit, Reformstau, Schuldenberg: Frankreich hat mit vielen Problemen zu kämpfen
(dpa) - Auch wenn eine beispiellose Serie islamistischer Anschläge seit Anfang 2015 Frankreich tief erschüttert hat – 238 Menschen wurden ermordet, im Land gilt der Ausnahmezustand – bei der Präsidentschaftswahl spielen auch andere Themen eine Rolle. Ein Überblick:
Arbeitslosigkeit:
Die dramatische Situation am Arbeitsmarkt ist seit Jahren eins der größten Probleme Frankreichs. Die Arbeitslosenquote liegt nach Vergleichszahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat bei zehn Prozent und damit rund zweieinhalb Mal so hoch wie in Deutschland. Vor allem junge Leute haben es schwer, einen Job zu finden – hier liegt die Quote der Arbeitssuchenden bei 23,6 Prozent, in Deutschland sind es nach Eurostat-Rechnung 6,6 Prozent.
Wachstum:
Frankreichs Wirtschaft kommt nicht richtig in die Gänge, die Konjunktur hinkte in den vergangenen drei Jahren in der Eurozone hinterher. 2016 lag das Wachstum bei 1,1 Prozent, die Euro-Zone kam dagegen nach OECD-Schätzungen auf 1,7 Prozent. Allerdings zeichnet sich ein Silberstreif am Horizont ab: Für dieses und das kommende Jahr sagen etwa Experten der EU-Kommission voraus, dass der französische Motor etwas an Fahrt aufnimmt und sich dem robusten Tempo der deutschen Wirtschaft annähert. Eine Reihe von Konjunkturindikatoren sind positiv. Und in manchen Wirtschaftsbereichen ist Frankreich richtig stark, etwa in der Luxusindustrie, der Luftfahrtbranche oder dem Tourismus.
Schuldenberg:
Um die Jahrtausendwende lagen Frankreich und Deutschland beim Schuldenstand gleichauf. Seitdem ist Frankreichs Staatsverschuldung durch die Decke gegangen. Inzwischen türmt sich der Schuldenberg auf 96 Prozent der Wirtschaftskraft, Tendenz weiter steigend. In Deutschland sind es gut 68 Prozent, Tendenz sinkend. Die Staatsausgaben liegen bei 56 Prozent der Wirtschaftskraft, so hoch wie kaum irgendwo in der EU.
Reformstau:
Versuche, das Land zu reformieren, stoßen in Frankreich oft auf Widerstand. Das zeigten die monatelangen Proteste gegen eine gar nicht mal sonderlich weitreichende Arbeitsmarktreform im vergangenen Frühjahr. Unternehmer klagen über viel Bürokratie und hohe Abgaben. Allerdings hat sich durchaus etwas getan, unter Präsident Hollande wurden Firmen entlastet und das Arbeitsrecht gelockert. Falsch ist das Klischee, dass Beschäftigte in Frankreich weniger arbeiten als in Deutschland – obwohl die Regelarbeitszeit bei 35 Wochenstunden liegt, arbeitet jeder französische Beschäftigte pro Jahr durchschnittlich mehr als 100 Stunden mehr als seine deutschen Kollegen. Auch die Produktivität (die Wirtschaftsleistung pro Arbeitsstunde) ist ähnlich hoch wie in Deutschland.
Einwanderung:
Immigration und Integration, der Platz der Religion (und vor allem des Islam) in der Gesellschaft und die Werte der Republik sind in Frankreich ein Reizthema. Dahinter stecken echte Probleme: Die soziale Abkopplung mancher Vorstädte, die überwiegend von Einwanderern aus Nordafrika bewohnt werden, Probleme mit Radikalisierung und tiefe Verunsicherung des französischen Selbstverständnisses angesichts der Globalisierung.