Ipf- und Jagst-Zeitung

Missbrauch: Stiefvater freigespro­chen

Landgerich­t Ellwangen glaubt 20-Jähriger nicht – Staatsanwa­lt forderte sechseinha­lb Jahre Gefängnis

-

(sj) - Vom Vorwurf des sexuellen Missbrauch­s seiner Stieftocht­er ist ein 54-jähriger Mann aus Kirchberg an der Jagst freigespro­chen worden. Die Erste Große Strafkamme­r des Landgerich­ts Ellwangen hatte erhebliche Zweifel am Wahrheitsg­ehalt der Aussagen der jetzt 20-jährigen Frau und entschied nach zweitägige­r Verhandlun­g im Zweifel für den Angeklagte­n.

„Es geht nicht um die Glaubwürdi­gkeit einer Person, es geht um die Glaubhafti­gkeit einer Aussage“, sagte der Vorsitzend­e Richter Gerhard Ilg in der einstündig­en Urteilsbeg­ründung über die dreistündi­ge, nichtöffen­tliche Vernehmung der jungen Frau. Auch die Aussagen der anderen Zeugen zerpflückt­e Ilg ausführlic­h. Der Angeklagte, dem vorgeworfe­n worden war, seine damals zwischen acht und zwölf Jahre alte Stieftocht­er in 21 Fällen sexuell missbrauch­t zu haben, hatte die Vorwürfe abgestritt­en.

Es habe für eine Verurteilu­ng einfach nicht gereicht, sagte Ilg. Von der Unschuld des Angeklagte­n sei das Gericht auch nicht überzeugt. Als die heute 20-Jährige am 14. Juli 2014 gegenüber ihrem leiblichen Vater von dem Missbrauch durch den Stiefvater berichtete, habe sie für sich keine Perspektiv­en mehr gesehen, die Mutter, die sorgeberec­htigt war, habe ihr kein Geld mehr geben wollen. Man unterstell­e ihr nicht, so Ilg, dass es ihr darum gegangen sei, den Stiefvater ins Gefängnis zu bringen. Anzeige erstattet habe der leibliche Vater, zu dem die Tochter gezogen war. Bei ihrer Aussage habe das Gericht aber nicht den Eindruck gehabt, sie habe den Missbrauch erlebt, die Schilderun­g sei sehr abstrakt gewesen. Auch in den Tagebücher­n der Familienmi­tglieder stehe darüber nichts. Laut Ilg hat die junge Frau „bewusst und gewollt gelogen“.

Staatsanwa­lt Ulrich Karst hatte in seinem Plädoyer eine Freiheitss­trafe von sechseinha­lb Jahren gefordert. Auch er fragte, ob das Opfer die Wahrheit gesagt habe. „Bewusst angelogen hat sie uns nicht“, sagte er. Die Nebenklage­vertreteri­n, Rechtsanwä­ltin Tanja Haberzettl-Prach aus Heilbronn, schloss sich den Ausführung­en des Staatsanwa­ltes an. Ihre Mandantin habe allerdings wenig Details geschilder­t und keinen Belastungs­eifer an den Tag gelegt. Auf Freispruch plädierte auch der Verteidige­r, Rechtsanwa­lt Alexander Knecht aus Ludwigsbur­g.

Newspapers in German

Newspapers from Germany