Deutschland streitet über die Leitkultur
Vorstoß von Innenminister de Maizière löst Debatte aus – SPD und Opposition empört
- Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat einen ZehnPunkte-Katalog zum Zusammenleben in Deutschland vorgelegt und dies mit dem seit Jahren umstrittenen Begriff Leitkultur verbunden. Mit seinem in der „Bild am Sonntag“veröffentlichten Vorstoß löste der CDU-Politiker mitten im Wahlkampf eine Debatte aus.
Kritik kam von der SPD und der Opposition. „Meine Leitkultur ist europäisch“, schrieb Grünen-Chef Cem Özdemir bei Twitter. „Die deutsche Leitkultur ist Freiheit, Gerechtigkeit und ein gutes Miteinander, so wie es im Grundgesetz steht“, sagte SPD-Chef Martin Schulz der „Süddeutschen Zeitung“. Dem widersprach CDU-Generalsekretär Peter Tauber zumindest teilweise. „Die Leitkultur ist mehr als nur das Grundgesetz“, sagte er der „Schwäbischen Zeitung“. „Es sind die Werte, die das Zusammenleben in unserem Land ausmachen – beispielsweise dass wir eine Aufsteigergesellschaft sind, dass sich Leistung lohnt, dass wir stolz auf Schwarz-Rot-Gold sind.“CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nannte den Vorstoß de Maizières „überfällig“.
De Maizière hatte zuvor bewusst das Wort Leitkultur benutzt. Er verstehe darunter eine „Richtschnur des Zusammenlebens in Deutschland“. De Maizière definierte, was er unter „wir“versteht. Er meine damit „zuerst und zunächst“die deutschen Staatsbürger. Zudem forderte er die Beachtung sozialer Gewohnheiten: „Wir sagen unseren Namen. Wir geben uns zur Begrüßung die Hand.“Und: „Wir sind eine offene Gesellschaft. Wir zeigen unser Gesicht. Wir sind nicht Burka.“Teil der Leitkultur sei zudem der Leistungsgedanke. Das Erbe der deutschen Geschichte „mit all ihren Höhen und Tiefen“gehöre ebenfalls dazu.
Zur Rolle der Religion schrieb er: ,„Unser Staat ist weltanschaulich neutral, aber den Kirchen und Religionsgemeinschaften freundlich zugewandt. Kirchliche Feiertage prägen den Rhythmus unserer Jahre. Kirchtürme prägen unsere Landschaft.“Grundlage für den religiösen Frieden im Land sei aber der „unbedingte Vorrang des Rechts über alle religiösen Regeln“.